Es ist erstaunlich, mit welcher Vehemenz die
Debatte um das Hochschulzukunftsgesetz nun schon seit zig Wochen
geführt wird. Die Fronten sind derart verhärtet, dass
Materialforscher ihre wahre Freude hätten. Doch das Thema ist zu
ernst. Wenn Hochschulen und Verbände derart reagieren und hartnäckig
betonen, wie sehr ihnen das neue Gesetz im aktuellen Entwurf schaden
würde, die Landesrektorenkonferenz nun sogar mit Klage droht, dann
ist dies Besorgnis erregend. Umso mehr, weil keine Annäherung
zwischen Hochschulen und Ministerium in Sicht ist. Dabei sei an
dieser Stelle noch mal ganz deutlich gesagt: Ein Gesetz ist kein
Experiment, bei dem mit Neugier das Ergebnis erwartet wird. Es müssen
vorher alle Folgen und Entwicklungen eruiert worden sein. Vorher! Es
war auch abzusehen, dass Universitäten die mögliche Aberkennung des
Promotionsrechts an einzelnen Fakultäten als Eingriff in die
Wissenschaftsfreiheit verstehen. Überrascht waren die Rektoren ob
dieses Planes. Unangenehm überrascht. Es war abzusehen, dass es den
Universitäten missfallen würde, wenn sie in Zukunft ihre
Forschungsaufträge, Auftraggeber und Auftragsvolumen offenlegen und
deswegen befürchten müssen, dass Auftraggeber in Zukunft in anderen
Bundesländern Hochschulen suchen, die für sie forschen und dank
verschwiegener Handhabung am Ende Marktvorteile sichern. Die TU
München wird sich im Wettbewerb der besten Hochschulen in Deutschland
gewiss freuen, wenn die RWTH Aachen Audi oder Mercedes erklären muss,
dass ein bislang streng geheimer Forschungsauftrag über ein
innovatives Antriebssystem nicht mehr so streng geheim laufen könne.
Es war abzusehen, dass die avisierte Reform der Finanzierung für
Empörung sorgt. Wenn Wissenschaftsministerin Svenja Schulze auf einen
erforderlichen Beitrag der Hochschulen zur Schuldenbremse verweist,
dann wiegt der mögliche Wegfall von Drittmitteln gerade an den
Technischen Universitäten, die weit mehr Drittmittel einwerben als
der NRW-Durchschnitt, schwer. Und dass die Grundmittel pro Student in
NRW deutlich unter und die Zahl der Studierenden pro Professor in
diesem Land deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegen, spricht
eigentlich für das Gegenteil: für verstärkte Investitionen in
Bildung, einen Pfund, mit dem NRW mit seiner Hochschullandschaft
eigentlich wuchern sollte. Stattdessen wächst Ärger. Und jetzt? Das
Ministerium verteidigt unentwegt den Gesetzesentwurf, die Hochschulen
schimpfen, die Rektoren wollen klagen, die Verbände sind entsetzt.
Gesprochen wird viel – übereinander. Es ist höchste Zeit, miteinander
zu sprechen. Einen Versuch ist es wert, Gesetze sind keine
Experimente.
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