Aachener Zeitung: Wie Persil / So ist die CDU. Merkel weiß es. Das hilft in Karlsruhe. / Kommentar von Peter Pappert

„Da weiß man, was man hat!“ Mit diesem Spruch wurde
vor Jahrzehnten ein Waschmittel beworben. Die Christdemokraten haben
gestern einmal mehr und besonders eindrucksvoll bewiesen, dass dieser
Slogan mehr noch als zu Persil zu ihrer Partei passt: „CDU – da weiß
man, was man hat!“ In einem Land, in dem die große Mehrheit der
Wählerschaft Überraschungen, Streit und erst recht Revolten äußerst
skeptisch betrachtet, ist das nicht die dümmste Werbung. Es ist
gestern auf dem CDU-Bundesparteitag so gelaufen, wie zu erwarten war
– wie immer. Nach 15 Jahren Parteivorsitz beherrscht Merkel ihre
Partei und die Methode, hart und zugleich geschmeidig zu sein, die
eigene Position zu behaupten und Kritiker einzubinden. Sie beschwört
Grundwerte wie Hilfsbereitschaft, Nächstenliebe, Menschenwürde – „von
Gott geschenkt“. Merkel packt die Partei bei deren Gewissen. Dagegen
erhebt niemand das Wort. Zudem fehlt Merkels innerparteilichen
Kontrahenten ein kluger Kopf, eine überzeugende, populäre
Alternative. Angenommen, es gibt den typischen CDU-Delegierten: Der
arrangiert sich lieber mit seinem Unbehagen an der Politik der
eigenen Kanzlerin, als einen Regierungschef der SPD ertragen zu
müssen. Regieren hat Priorität; und in der CDU gewährleistet Angela
Merkel am ehesten den Machterhalt. Wer sonst in dieser Partei könnte
ein derart breites Wählerspektrum vom links-liberalen Bürgertum bis
zu Konservativen ansprechen? Mit Merkels flüchtlingspolitischer
Großherzigkeit tun sich viele Christdemokraten schwer. Mit dem
Risiko, ohne sie in den nächsten Bundestagswahlkampf zu ziehen, tun
sie sich noch viel schwerer. Das ist der Unterschied zwischen den
beiden Parteien der großen Koalition: Die CDU ist ein
Kanzler-Wahlverein; die SPD wäre gerne einer. Zwar hat sich das
Gerede von der Kanzlerdämmerung als Unsinn erwiesen, aber auch das
war vorher klar. Merkel macht das nicht ungeschickt. Sie packt ihre –
eher konservativen – Kritiker bei deren vaterländischer Ehre: „Wir
schaffen das“, gehöre zur Identität Deutschlands und der CDU. Na
bitte! Wer will da noch verzagt sein? Trotzdem hat die
CDU-Vorsitzende Skepsis und Widerstand gestern nicht einfach
beseitigen können. Der Ärger über die Flüchtlingspolitik der
Bundesregierung bleibt. Merkel wird – zumal auf europäischer Ebene –
Ergebnisse zu besserer Verteilung von Flüchtlingen liefern müssen.
Wenn im Frühjahr die Zahl der Asylsuchenden wieder steigen sollte,
müssen Deutschland und seine Partner in der EU vorbereitet sein. Das
zu erreichen, ist viel schwieriger, als einen CDU-Parteitag zu
beherrschen. Merkel weiß, dass Deutschland nicht jedes Jahr so viele
Flüchtlinge aufnehmen kann wie dieses Jahr; sie hat nie etwas Anderes
behauptet. Nicht, dass die Diskussion in der CDU – außer auf dem
Parteitag – heftig geführt wird, überrascht, sondern die Form – und
manches Argument. Obergrenzen für Asylbewerber festzuschreiben, wie
manche Heißsporne fordern, würde die Verfassung beschädigen. Der
Nachholbedarf in Staatsbürgerkunde ist unter Christdemokraten
deprimierend hoch.

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