Aktuelle Studie: Unternehmensbesteuerung ist in Deutschland im internationalen Vergleich besonders hoch und kompliziert

Innerhalb der Europäischen Union zahlen deutsche
Unternehmen nach wie vor mit die höchsten Steuern. Es gibt nur wenige
andere Länder, die ihren Firmen noch tiefer in die Taschen greifen.
In der Reihe der 27 EU-Mitgliedstaaten steht die Bundesrepublik auf
einem unrühmlichen 21. Platz, also im unteren Drittel. Das ist das
Ergebnis einer Studie, welche die Stiftung Familienunternehmen heute
in Berlin veröffentlicht hat. Erarbeitet wurde sie vom Zentrum für
Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim in Kooperation mit
der Universität Mannheim.

Um die Auswirkungen von Veränderungen im Steuersystem auf die
Unternehmen zu ermitteln, hat das ZEW ein Simulationsmodell
eingesetzt, den „European Tax Analyzer“. Kern des einzigartigen
Instruments ist ein Unternehmensmodell, mit dessen Hilfe die
effektiven Steuerbelastungen von Unternehmen und ihren Beteiligten
unter Berücksichtigung sämtlicher relevanter Steuerarten berechnet
werden. Dies geschieht im Wege einer Veranlagungssimulation über
einen Zeitraum von zehn Jahren.

Damit erlaubt es das Modell, im Detail die Folgen abzuschätzen,
die die Steuerreformpläne der verschiedenen Parteien nach sich ziehen
würden. „Nicht nur die Regierung – auch die Oppositionsparteien,
speziell die linken Parteien, wollen das Rad der Steuergeschichte
zurückdrehen, indem sie die Einkommen- und Körperschaftsteuersätze
wieder erhöhen und mit der Vermögensteuer eine kapitalvernichtende
Abgabe wieder einführen. Dabei müssten sie spätestens im Lichte der
Weltfinanzkrise wissen, dass ihr ideologischer Feind nicht in
Flensburg, Osnabrück oder Biberach sitzt, sondern an der Achse
zwischen Themse und Hudson-River“, so Prof. Dr. Dr. h.c. Brun-Hagen
Hennerkes, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen.

Die Studie konstatiert zudem, dass die gegenwärtige Steuerpolitik
die zentralen Anforderungen an die Unternehmensbesteuerung nicht
erfüllt. Dazu zählen Entscheidungsneutralität und Einfachheit der
Besteuerung sowie die Stärkung der Standortattraktivität.

„Die Probleme der Unternehmenssteuerreform 2008 bestehen damit
nach wie vor“, so Prof. Dr. Christoph Spengel, Projektleiter der
Studie beim ZEW, und weist auf einige Punkte hin, die die
Familienunternehmen besonders belasten:

– Überproportionale Steuererhöhungen beschweren gerade die
standorttreuen Familienunternehmen stärker als
internationale Konzerne, die relativ schnell auf
steuerliche Veränderungen reagieren können.
– Die indirekte Substanzbesteuerung wurde durch die
Hinzurechnung von Finanzierungsentgelten (in erster Linie
Zinsen) zum Gewinn im Zuge der Gewerbesteuerermittlung
ausgeweitet.
– Mit der Einführung der Abgeltungssteuer wurde die
Eigenkapitalfinanzierung noch stärker als zuvor
diskriminiert. Hinzu kommt die Benachteiligung bei der
Besteuerung von Zinsen für Gesellschafterdarlehen im
Vergleich zu Bankzinsen. Dabei hat die Finanzkrise
gezeigt, wie wichtig eine Stärkung des Eigenkapitals ist.
– Die Familienunternehmer sind steuerlich weiterhin
benachteiligt, wenn sie ihre Gewinne im Unternehmen
belassen, also thesaurieren wollen.
– Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die
Unternehmenssteuerreform für Personengesellschaften in
erster Linie Mehrbelastungen bewirkt, während von der
Senkung des Körperschaftsteuersatzes allein die
Kapitalgesellschaften profitieren und zudem auch die
Thesaurierungsbegünstigung nicht zu der proklamierten
Entlastung führt.

„Das ist auch ein Grund, warum die Thesaurierungsbegünstigung im
Bereich der Einkommensteuer nur von wenigen Familienunternehmen
genutzt wird. Diese Regelung wird den Besonderheiten dieser
Unternehmen nicht gerecht und trägt auch den wirtschaftlichen
Realitäten kaum Rechnung“, bestätigt Brigitte Fischer, Leiterin der
Konzernfunktion Steuern der Freudenberg-Gruppe, die als
Familienunternehmen mit ihren 16 Geschäftsgruppen weltweit in
verschiedenen Branchen und Märkten aktiv ist.

Potenziale zur Steuervereinfachung

Im Rahmen der Studie wurden auch Unternehmensvertreter,
Steuerberater und Vertreter der Finanzverwaltung befragt, um die
zentralen Problemfelder des deutschen Unternehmenssteuersystems zu
identifizieren. Das Ergebnis: Besonders kompliziert und damit
reformbedürftig sind die steuerliche Behandlung grenzüberschreitender
Geschäfte, die Besteuerung von Personengesellschaften, die so
genannte Zinsschranke (die Beschränkung der Abzugsfähigkeit von
Schuldzinsen nach sehr komplexen Regeln), und die Erbschaftsteuer.
„Dass es der Staat den Unternehmen dort besonders schwer macht, wo
sie stark sind und auch Deutschland stark machen, nämlich im Export,
das ist widersinnig“, kommentiert Hennerkes.

Sein Fazit: „So sehr wir auch jede einzelne Verbesserung, wenn sie
denn kommt, begrüßen. Die Familienunternehmen vermissen nach wie vor
den großen Wurf einer umfassenden Steuerreform, die das Übel bei der
Wurzel packt. Offenbar fehlt es der Politik quer über alle Parteien
an Mut, vielleicht auch an Kraft, den gordischen Knoten des heutigen
Steuerwirrwarrs zu durchschlagen. Dabei liegen Ansätze auf dem Tisch
wie z.B. das Kirchhof-Modell oder das der Dualen Einkommensteuer.“

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