Jetzt kommt er also, Kurt Becks Abgang. Erwartet hat
diesen Schritt niemand, auch die Journalisten nicht, die den
Ministerpräsidenten in der Nürburgring-Pleite monatelang vor sich
hertreiben konnten. Es ist ein schicksalhafter Moment der
Landesgeschichte: Nichts verwindet dieser alte Stratege der Macht
weniger, als wenn er das Heft des Handelns aus der Hand geben muss.
Dafür hat er zuletzt sogar keine Rücksicht auf seine Gesundheit
genommen. So hilflos er am Ende seiner 18 Jahre währenden Amtszeit
als Ministerpräsident gewirkt hat: Er hat das Heft des Handelns bei
seiner letzten großen politischen Entscheidung unzweifelhaft
zurückgewonnen. Das gilt nicht nur für die Art und Weise dieses
angekündigten Rücktritts. Das gilt auch für Kurt Becks
Personalentscheidungen, die noch einmal den gewieften Taktiker
aufscheinen lassen. Dass keiner der beiden Kronprinzen,
Innenminister Roger Lewentz und Fraktionschef Hendrik Hering, ihn als
Ministerpräsidenten beerben darf, mag zudem auch persönlich motiviert
sein. Beck hatte sich massiv darüber geärgert, dass die beiden nicht
in der Lage waren, ihm einen einvernehmlichen Vorschlag zu
unterbreiten. Vor allem aber hat Beck eine Entscheidung zum
Machterhalt der SPD getroffen. Oppositionsführerin Julia Klöckner
hatte ja nur darauf gewartet, ihre Geschütze vom bisherigen
Ministerpräsidenten auf dessen Nachfolger richten zu können. Hering
und Lewentz sind zu sehr in die verlorenen Jahre verstrickt, in der
die Landesregierung den Trümmerhaufen am Nürburgring nicht aufgeräumt
hat, als dass sie als unbelastete Nachfolger ans Werk hätten gehen
können. Sozialministerin Malu Dreyer hingegen wird Klöckner schwer zu
schaffen machen. Sie war am Sündenfall dieser Regierung nicht
beteiligt. Vor allem aber ist sie eine kluge Sympathieträgerin – und
eine selbstlose Kämpferin dazu. Die ideale Kandidatin in Zeiten von
Politikverdrossenheit. Klöckner wird sich schwer tun, einen Hebel
gegen sie zu finden. Wenn die Oppositionsführerin klug ist, dann
dimmt sie schon jetzt ihre Lautsprecher vernehmbar herunter. Mit Kurt
Beck verlässt der Marathon-Mann der Ministerpräsidenten die
politische Bühne. Seine Lebensleistung bestand nicht nur darin,
„sein“ Bundesland bis in den letzten Winkel hinein im Auge zu
behalten. Beck hat stets eine kluge Schul- und Mittelstandspolitik
betrieben, und er war bundesweit Vorreiter beim Ausbau von Nahverkehr
und Kinderbetreuung. Zwei Voraussetzungen dafür, dass dieses
Flächenland in seiner strukturschwachen Mitte nicht ausblutet. Die
Tragik dieses großen Landespolitikers liegt in seinem Scheitern in
Berlin. Als Beck sich vergeblich mühte, der SPD wieder Richtung zu
geben, glitten ihm auch die Dinge in Rheinland-Pfalz aus der Hand.
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