Silvio Berlusconis Selbsteinschätzung spricht immer
noch für sich: Mit ihm könne sich niemand vergleichen, weder in
Europa noch in der Welt. Große Worte. Und doch irrt der ehemalige
italienische Regierungschef. Nur im demokratischen Westen Europas war
der „Cavaliere“ mit seinem autoritären Gehabe, seiner Gleichschaltung
von Justiz und Medien und seinem lächerlichen Sex-Geprotze
tatsächlich eine Kategorie für sich. Anders sieht das bei einer
größeren, gesamtkontinentalen oder gar globalen Perspektive aus: Mit
seinem über zu viele Jahre gepflegten Regierungsstil konnte
Berlusconi zum Entsetzen vieler Beobachter in einem Kernland der EU
nach unten offene Maßstäbe setzen, mit denen man ansonsten eher die –
an diesem Wochenende wählende – Ukraine, Russland oder andere
„lupenreine Demokratien“ vermessen muss. Es ist einer der wenigen
positiven Nebenwirkungen der Euro-Krise, dass sie den öligen
Großsprecher aus Mailand aus dem Amt spülte und der Justiz
Möglichkeiten zur Aufarbeitung der Ära Berlusconi eröffnete. In der
Euro-Krise liegt jedoch zugleich die größte Gefahr für Italien und
damit für Europa als Ganzes. Von Mario Monti auf rigiden Sparkurs
getrimmt, ächzt das Land unter den Folgen zu langen unsoliden
Wirtschaftens. Auch das ist – nicht nur, aber auch – ein Vermächtnis
Berlusconis, das noch böse Folgen nach sich ziehen könnte, wie die
Massenproteste vom Wochenende zeigen. Berlusconi wird nach Lage der
Dinge selbst daraus kein Kapital mehr schlagen können. Aber was, wenn
ein anderer Rattenfänger in Rom reüssiert? Es wäre für Europa
desaströs und für den ebenso schlechten wie skrupellosen
Politik-Darsteller Berlusconi ein später Triumph.
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