Allg. Zeitung Mainz: Bruchlinien / Kommentar zum Abhörskandal von Stefan Schröder

Bisher haben wir gedacht, einen Bruch zwischen
Kulturen gebe es zwischen Religionen, West und Ost oder Arm und
Reich. Jetzt lernen wir staunend, dass Bruchlinien auch zwischen
Europa und dessen wichtigstem Verbündeten existieren. Der
Abhörskandal um die NSA-Spionageaktionen offenbart einen eklatanten
Unterschied in den Auffassungen über das, was Schutz persönlicher
Rechte bedeutet und was nicht. Zuerst sorgt sich der
Durchschnittsamerikaner nicht sehr um seine Daten oder das, was über
ihn gespeichert wird. Sollte er auch nicht, denn alles, was er mal
preisgegeben hat, darf weiter verwendet werden. Und ausgerechnet die
US-Verfassung stellt fest, dass nicht alle Menschen gleich sind. Nach
Herzenslust dürfen die Geheimdienste mit riesigen digitalen
Fangnetzen Daten im Ausland einfangen. Anschließend muss Material,
das US-Staatsbürger betrifft, als Beifang ausgesondert werden. Denn
nur ein Amerikaner steht unter dem Schutz der Verfassung, für
Ausländer gilt dies grundsätzlich nicht. Alte, zum Teil geheime
Zusätze zum Truppenstatut der Nato und die von deutschen Regierungen
seit Jahrzehnten geduldeten Operationen der Amerikaner in Deutschland
haben nicht dazu beigetragen, dass sich irgendeiner in Washington
über die Rechtmäßigkeit dieser Praxis den Kopf zerbrochen hätte. Es
ist bedauerlich, aber ohne Alternative: Die Bundesregierung muss, um
ihre Bürger zu schützen, gegenüber den USA jetzt endlich nationale
Interessen geltend machen.

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