Allg. Zeitung Mainz: Fatal / Kommentar zu Europa von Lars Hennemann

Die Debatte um die finanzielle Zukunft Europas ist
für Angela Merkel mindestens ebenso gefährlich wie die um die
Flüchtlinge. Zwar stimmt es, wenn Emmanuel Macron darauf hinweist,
dass der deutsche Wirtschaftsboom und die Verschuldung anderer
Staaten ursächlich zusammenhängen. Auch ist die Beobachtung korrekt,
dass viele rhetorisch glühende deutsche Freunde Europas scheinheilig
sind: Den Briten zum Beispiel schreiben wir anlässlich des Brexits
alles Mögliche ins Stammbuch. Wenn es aber um eine engere finanzielle
Verschränkung ihrer Mitglieder geht, hat die EU auch hierzulande
schnell weniger Freunde. So gesehen ist mancher Vorwurf an die
Adresse Berlins berechtigt, und dementsprechend schlecht ist die
Verhandlungsposition der innenpolitisch ohnehin massiv geschwächten
Kanzlerin. Es möge sich also niemand Illusionen machen: Es wird teuer
werden, erst recht, wenn Merkel ihren Gesprächspartnern tatsächlich
Zugeständnisse beim Thema Flüchtlinge abtrotzt. Eine eigentlich
entscheidende Frage droht dabei gänzlich unterzugehen: Was genau soll
denn in und für Europa nur dadurch besser werden, dass alle möglichen
neuen Budget-Töpfe einfach nur gefüllt werden? Ohne unabweisbaren
Verwendungszweck, der den Steuerzahlern nicht nur in Deutschland
tatsächlich plausibel gemacht werden kann, droht mit diesen Töpfen
nur eines: das nächste gigantische Sonderkonjunkturprogramm für
Populisten. Wenn sich nicht die besonnenen Denker durchsetzen, wird
es nach dem EU-Gipfel zwei Schlagzeilen geben. Die erste: „Schade ums
Geld“. Die zweite: „Schade um Europa“. Beide wären nicht nur schade,
sondern fatal.

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