Einen Vorwurf kann man Russlands Präsident Putin
nicht machen: seinem Macho-Image nicht gerecht zu werden. Den Protest
der barbusigen Aktivistinnen bei seinem Rundgang auf der
Hannover-Messe kommentiert er mit der schlüpfrigen Bemerkung, ihm
habe die Aktion gefallen. Nicht weniger zynisch lässt Putin die
Kritik der Bundeskanzlerin an der Drangsalierung ausländischer
Nichtregierungsorganisationen abtropfen. Wer Gasvorkommen besitzt und
Milliardenaufträge zu vergeben hat, der braucht sich um sein Benehmen
keine Gedanken zu machen – das ist die provozierende Haltung, die der
Halbstarke im Kreml inzwischen selbst auf seinen Auslandsreisen
einnimmt.
Die Bundeskanzlerin hat in der ihr eigenen Nüchternheit
bemerkenswert dagegen gehalten. Deutlicher als andere europäische
Regierungschefs beharrt sie darauf, dass zu einer engen
wirtschaftlichen Zusammenarbeit auch die Entwicklung einer aktiven
Zivilgesellschaft gehöre. Ihre Mahnung ist allerdings wohlfeil,
solange die wirtschaftliche Verflechtung mit Russland auf
Rekordniveau verläuft. Ja sie ist sogar unglaubwürdig, solange die EU
einem Mitgliedsland wie Ungarn durchgehen lässt, dass auch dort
Rechtsstaatlichkeit massiv ausgehebelt wird und rassistische
Übergriffe auf Sinti und Roma geduldet werden. Schlicht beschämend
ist dagegen das Verhalten der SPD, deren Kanzlerkandidat in
Anspielung auf die Ostpolitik Willy Brandts davon abgeraten hatte,
den russischen Präsidenten belehren zu wollen. Wer erklärt Peer
Steinbrück, dass Russland im Gegensatz zur Sowjetunion den Anspruch
einer Demokratie erhebt? Und wer sagt ihm, dass auch die SPD-nahe
Friedrich-Ebert-Stiftung von den Behörden in Moskau drangsaliert
wird?
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Allgemeine Zeitung Mainz
Werner Wenzel
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