Das nennt man Coup: Während die SPD sich noch vom Ja
zur großen Koalition erholt, handelt Horst Seehofer für seine CSU
einen neuen Posten aus. Staatsministerin für Digitales –
schaunmermal, was Dorothee Bär daraus macht. Bislang war dieses
Zukunftsthema ja eher mit der Streusalzbüchse quer in den
Koalitionsvertrag und damit quer durch viele Ressorts gestreut
worden. Und da liegt es noch. Merke: Nicht jedes bislang verpennte
Thema wird dadurch gelöst, wenn man es durch das Adjektiv „digital“
auskleidet. Deutschland hat seit der Wahl ein knappes halbes Jahr
still gestanden. Das ist nicht nur in der Digitalwirtschaft eine
halbe Ewigkeit. Man muss kein Prophet sein, um zu dem Schluss zu
kommen, dass sich das Urteil über das vierte Kabinett Merkel eines
Tages danach richten wird, wie schnell es jetzt ins Arbeiten kommt.
Viele Zeichen stehen nicht gut: Trumps Zölle zielen unverhohlen
direkt auf Deutschland, Russland rüstet auf, China kauft. Die Debatte
um die Essener Tafel ist in Wahrheit eine Debatte darum, warum 137
Milliarden Euro im Sozialetat immer noch nicht gegen Armut in diesem
Land ausreichen. Sie wird durch die Digitalisierung der Arbeitswelt
(da haben wir das Thema wieder) nicht einfacher. Und der Streit um
eine angeblich zeitgemäßere Nationalhymne – so grotesk er ist – zeigt
eines: Wir wissen zunehmend weniger, wer wir sein wollen. Eine neue
Regierung kann diese Themen natürlich nicht alle bis 2021 abarbeiten.
Aber sie könnte sie endlich einmal wenigstens benennen und dann
Lösungen suchen anstatt sie wie bisher schönredend wegzumerkeln.
Darin läge schon ein großes Verdienst. Also bitte jetzt an die
Arbeit.
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