Allem Anschein nach geht Angela Merkel ihren
europäischen Partnern derzeit ein wenig auf die Nerven, mit ihrem
Beharren auf Reformen. Das spricht nicht gegen die deutsche
Kanzlerin, und helfen wird es den Regierungschefs in Paris, London,
Rom und anderenorts am Ende auch nicht, wenn sie unwirsch werden. Die
EU ist alles andere als wetterfest. Die Krise, gerne Eurokrise
genannt, in Wahrheit eine Staatsschuldenkrise, ist mit Ach und Weh
halbwegs eingedämmt, jedoch Lichtjahre entfernt von einer
grundlegenden Heilung. Solidarität, ja, zweifellos, aber
Gerechtigkeit ist auch ein entscheidender Maßstab. Deshalb muss die
EU den Staaten, die Hilfe bekommen, auch gehörige Anstrengungen
abverlangen. Griechenland stand einen Millimeter vor dem Abgrund; ob
die Reformerfolge, die manche dort erkennen wollen, tatsächlich
existieren, muss sich erst noch erweisen. Noch schwieriger ist es,
wenn das große stolze Spanien auf Unterstützung angewiesen ist, oder
wenn gar Frankreich ins Schlingern kommen sollte. Letzteres steht
massiv zu befürchten. Das Land lebt in der Sozial- und
Arbeitsmarktpolitik weit über seine Verhältnisse, aber der
sozialistische Präsident Hollande hat nicht im Entferntesten die
Statur, sich zu etwas Vergleichbarem wie Schröders Agenda 2010
aufzuschwingen. Sobald die Grande Nation um Hilfe bitten und
offenbaren muss, dass sie sich ökonomisch in einer Lage wie Madrid
oder Lissabon befindet, dann werden die Franzosen schockiert sein.
Vor allem in Berlin schlägt dann auch die Stunde der Psychologen.
Vielen in Europa ist Merkel zu mächtig – menschlich in gewisser Weise
verständlich. Aber – und darauf kommt es an – sie erledigt ihre
Aufgaben effizient wie wenige ihrer Kollegen. Das gilt es zu
registrieren – und anzuerkennen.
Von Reinhard Breidenbach.
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