Allg. Zeitung Mainz: Schwammig / Kommentar zur Regelung der Beschneidung

Als das Landgericht Köln im Mai die bei Juden und
Muslimen übliche Beschneidung von männlichen Neugeborenen und
Kleinkindern als grundsätzlich strafbare Körperverletzung bewertet
hat, war der Aufschrei groß. Nicht nur in Deutschland, sondern
weltweit. Und bei dieser Reaktion stand und steht leider keinesfalls
das Wohl des Kindes im Vordergrund. Es geht vielmehr um
Religionsfreiheit – also um Politik. Und im Fall des historisch
vorbelasteten Deutschland geht es ganz besonders um die Frage, wie
man mit einem zentralen Ritual im Leben gläubiger Juden umgeht. Dass
die ehemalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Charlotte
Knobloch, wegen des Kölner Urteils die jüdische Existenz in
Deutschland bereits in Gefahr sieht, macht deutlich, wie schwierig
die Lage ist. Selbst im Deutschen Ethikrat ist man sich bewusst, dass
das Thema ein weniger heißes Eisen wäre, wenn die Beschneidung „nur“
ein muslimisches Ritual wäre. Deshalb musste die rechtliche
Unsicherheit im Spannungsfeld zwischen dem Recht auf körperliche
Unversehrtheit einerseits und der Religionsfreiheit andererseits
schnell geregelt werden. Zu schnell, wie man am jetzt vorgelegten
Eckpunkte-Papier sieht. Darin wimmelt es nur so von schwammigen
Formulierungen und nicht nachvollziehbaren Ausnahmeregelungen. Es ist
der Versuch, Beschneidungen, so wie sie aktuell durchgeführt werden,
nahezu ohne Abweichungen und Einschränkungen zu legalisieren. Sogar
mit dem Zusatz, dass eine religiöse Motivation für die Zulässigkeit
des Eingriffs gar nicht entscheidend sein soll. Die Frage, ob ein
Kind bei diesem Ritual Schmerz verspürt, Angst hat, gar traumatisiert
wird, tritt offensichtlich komplett in den Hintergrund.

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