Eine Wahl ist, wenn 60 Millionen Türken zum
Urnengang aufgerufen sind und Erdogan gewinnt. So ironisch eine
ähnlich lautende Fußball-Definition Gary Linekers klang, so
hoffnungslos fällt die Bilanz der türkischen Präsidentschafts- und
Parlamentswahl aus. Überwachung und Verhaftungswellen, die Aufhebung
von Presse- und Justizfreiheit, Bürgerkrieg in den Kurdengebieten und
Krieg im kurdischen Teil Syriens, eine kaum noch abzuwendende
Wirtschaftskrise: Nichts scheint dem türkischen Präsidenten
gefährlich zu werden. Natürlich sind die Medien gleichgeschaltet,
dienen Massenverhaftungen der Einschüchterung und anscheinend sind
auch die Wahlergebnisse an einigen Orten manipuliert worden. Und doch
waren die Hoffnungen unbegründet, die durch die neue Einigkeit der
Opposition und von ein paar Massenaufmärschen der kemalistischen CHP
genährt wurden, Erdogan könne seinen Zenit überschritten haben. Auf
diesen Trugschluss deuten auch die Wahlergebnisse in Deutschland hin:
Je lauter unsere Kritik an Erdogan wird, desto höher fallen die
Wahlbeteiligung und die Zustimmung der Deutschtürken für ihn aus. Es
ist das populistische Dilemma, das wir auch in Ungarn, Polen, Italien
und in den USA beobachten müssen. Wie schafft man die Balance
zwischen einem notwendigen Dagegenhalten und dem
Nicht-das-Gespräch-aufgeben, das auch im Dialog mit der Türkei keine
Lösung wäre? Wie man das nicht schaffen kann, führt gerade die CSU
vor: Indem sich die (einstmals gemäßigten) demokratischen Kräfte
selbst zerfleischen, statt sich – bei allem notwendigen Streit – auf
ihre gemeinsamen Werte zu besinnen.
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