Allg. Zeitung Mainz: Verraten / Kommentar von Friedrich Roeingh zum Truppenabzug der USA

Wer seinem Präsidenten die „Aufnahmefähigkeit eines
Fünftklässlers“ bescheinigt, tut gut daran, seinen Hut zu nehmen.
Bitter ist nur, dass James Mattis seinen Dienst als
US-Verteidigungsminister nicht wegen dieser Indiskretion quittiert
hat, sondern weil sich Trump mal wieder wie ein Fünftklässler
verhalten hat. Mattis, der letzte angesehene Minister in der
US-Regierung – und nach dem Rückzug von Stabschef John Kelly auch der
letzte Sicherheitsexperte, der es wagte, seinem impulsgetriebenen
Präsidenten zu widersprechen. Trumps Entscheidung, die US-Truppen aus
Syrien und Afghanistan zurückzuziehen, und Mattis– Rückzug sind in
vielerlei Hinsicht fatal. Die Amerikaner lassen im Norden Syriens
ihren Bündnispartner, die Kurden, im Stich und gewähren dem
türkischen Präsidenten Erdogan freies Geleit zum Einmarsch. Sie
machen die Taliban in Afghanistan stark und erlauben es dem fast
schon geschlagenen IS, sich in Syrien wieder zu erholen. Sie laden
Wladimir Putin ein, die Einflusszonen Russlands nicht nur im Nahen
Osten, sondern auch in der Ukraine militärisch zu erweitern. Und die
USA lassen Israel im Stich, das zusehen muss, wie der Iran einen
Landkorridor über den Irak und Syrien bis zur Nordgrenze Israels
geschenkt bekommt. Trumps mehrfacher Verrat dient – wie immer bei ihm
– nur einem Zweck: Die Wähler zu bedienen, die ihn gewählt haben und
die ihm offenbar treu die Stange halten. Einen größeren Einsatz hat
noch nie zuvor ein gewählter Politiker für sein politisches Überleben
gesetzt.

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