Allgemeine Zeitung Mainz: Vom Saulus zum… / Kommentar zur Deutschen Bank

Auf den ersten Blick scheint es schon ziemlich
dreist, ausgerechnet den zu beauftragen, den Ruf des Hauses wieder
herzustellen, der wie kein anderer dafür gesorgt hat, dass er –
beinahe – ruiniert worden ist. Auf den zweiten Blick indes macht die
Entscheidung der Deutschen Bank durchaus Sinn. Denn Anshu Jain, der
wohl erfolgreichste Investmentbanker, den Deutschlands führendes
Geldhaus je gehabt hat, weiß genau, wo der Hase im Pfeffer liegt. 100
Tage hat er Zeit bekommen, eine Strategie zu entwickeln, die den
Primus im Bankgeschäft in die Zukunft führen soll. Dabei konnte und
durfte es nicht nur um die betriebswirtschaftliche Seite gehen,
sondern vor allem auch um die gesellschaftspolitische. Fehler
zugeben, vor allem die eigenen, ist ein klar erkennbarer Teil der
Strategie. Reue kommt immer gut an, vor allem, wenn die einer zeigt,
der in den Augen des großen Rests der Republik ein besonders böser,
weil gieriger und skrupelloser Bube gewesen ist. Jains Strategie
heißt: Ich habe verstanden und ich werde dafür sorgen, dass die
Deutsche Bank wieder Vorbild wird. Vorbild aber kann man nur sein,
wenn man es in Fleisch und Blut vorlebt. Jains Botschaft an seine
Kollegen lautet deshalb: Schluss mit dem Zocken um jeden Preis, damit
der Bonus am Jahresende ganz besonders hoch ist. Wer das künftig
nicht lebt, fliegt raus. Angesichts dieser Moraloffensive wirken die
Weichen, die betriebswirtschaftlich neu gestellt werden, eher
nebensächlich, obwohl sie das Haus weit mehr verändern werden, als
Anshu Jains auf den ersten Blick so dreiste Wandlung vom Saulus zum
Paulus.

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