Altersvorsorge: Deutschland braucht dringend Reformen

Deutschland liegt im Vergleich der Altersvorsorgesysteme in 27
ausgesuchten Ländern auf dem 12. Platz. Spitzenreiter bleibt
Dänemark, gefolgt von den Niederlanden und Australien. Die
Schlusslichter im Ranking sind Indien, Japan und Argentinien. Zu
diesem Ergebnis kommt der heute veröffentlichte „Melbourne Mercer
Global Pension Index 2016″. Dieser wurde vom Beratungsunternehmen
Mercer bereits zum achten Mal in Kooperation mit dem Australian
Centre for Financial Studies erstellt.

Die Studie untersucht und bewertet die Altersvorsorge
verschiedener Länder hinsichtlich ihrer Angemessenheit,
Nachhaltigkeit und Integrität. Dabei wurden neben den staatlichen
Rentensystemen und der betrieblichen Altersversorgung auch private
Vorsorgemaßnahmen berücksichtigt. In diesem Jahr hat sich der Index
vor allem mit den Auswirkungen der raschen Alterung der Bevölkerung
sowie mit der Frage befasst, inwieweit die Rentensysteme der
einzelnen Länder auf den damit einhergehenden, beträchtlichen
finanziellen Druck vorbereitet sind.

Dänemark hat sich den Spitzenplatz erneut unter anderem durch die
solide Finanzierung, das hohe Vermögens- und Beitragsniveau sowie ein
gut reguliertes privates Vorsorgesystem gesichert (80.5 von 100
möglichen Punkten).

Nachhaltigkeit: Wie lässt sich Deutschlands Rentensystem stärken?

Mit einem Gesamtindexwert von 59.0 hat sich das deutsche
Rentensystem im Vergleich zum Vorjahr (62.0) um knapp drei Punkte
verschlechtert, vor allem verursacht durch den Rückgang der
Nettoersatzrate, d.h. die Nettorente im Verhältnis zum
Lebenseinkommen. Im Bereich „Nachhaltigkeit“, der sich direkt auf die
Zukunftsfähigkeit beispielsweise in Bezug auf die Finanzierung des
Rentensystems bezieht, gab es deutliche Punktabzüge.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass in Deutschland nach wie vor
umfassende Reformen nötig sind, um den finanziellen Druck zu senken
und den demografischen Herausforderungen besser gerecht zu werden.
„Wir werden nicht umhinkommen, das Renteneintrittsalter in gewisser
Weise auch an die Lebenserwartung bzw. deren Steigerung zu koppeln.
Dafür ist es aber notwendig, die entsprechenden Voraussetzungen und
Anreize zu schaffen, da eine bloße Erhöhung des Renteneintrittsalters
einer versteckten Rentenkürzung gleich käme. Darüber hinaus ist es
notwendig, den eingeschlagenen Weg zur Verbreitung der betrieblichen
Altersversorgung – vor allem in kleineren und mittleren Unternehmen –
nun auch konsequent weiter zu verfolgen“, erläutert Udo Müller,
Rentenexperte bei Mercer in Deutschland.

Erreicht werden kann dies durch folgende Maßnahmen:

– Anhebung der Mindestrenten für Niedriglohn-Rentner
– Weitere Erhöhung der Erwerbsquote älterer Arbeitnehmer
– Verbesserung der Kommunikation an die Leistungsempfänger
– Erhöhung der Teilnahmequoten in der betrieblichen
Altersversorgung.

„Die Bereitschaft, die notwendigen Reformen konkret in Angriff zu
nehmen und nicht einfach auf die nächste Generation zu verschieben,
ist in Deutschland derzeit größer denn je. Insbesondere die
betriebliche Vorsorge wird in Zukunft eine noch wichtigere Rolle
spielen müssen, um ein ausreichendes Rentenniveau zu gewährleisten.
Sozialpartnermodell, Opting-out, stärkere steuerliche Flankierung der
bAV und Zielrente sind Schlüsselbegriffe in der aktuellen Debatte und
spiegeln genau die Defizite wider, die unsere Studie aufzeigt“, so
Udo Müller weiter.

Lebenserwartung steigt weiter an, Bevölkerungen werden immer älter

Der diesjährige Bericht enthält auch eine Projektion für den
Altersquotienten. Dieser dürfte laut David Knox, Verfasser der Studie
und Senior Partner bei Mercer, in zahlreichen Regionen die
Alarmglocken läuten lassen. „Dabei fällt der Altersquotient sehr
unterschiedlich aus: In Südafrika wird das Verhältnis zwischen
Rentnern und Menschen im erwerbsfähigen Alter im Jahr 2040
voraussichtlich bei 1:7 liegen, in Japan dagegen wahrscheinlich bei
1:1,44.“

Auch für Deutschland wird ein ähnliches Ergebnis erwartet: 2040
könnten auf einen Rentner weniger als zwei Menschen im erwerbsfähigen
Alter kommen. Knox zufolge sind diese Indikatoren zwar nicht
vollständig zuverlässig, geben aber Hinweise auf Entwicklungen, die
sich auf die Nachhaltigkeit und das Vertrauen der Menschen in die
künftigen Rentenleistungen auswirken. „Indonesien ist ein
interessantes Beispiel: Der relativ geringe Altenquotient wird durch
eine vergleichsweise hohe Zahl älterer Erwerbstätiger und eine
deutliche Anhebung des Renteneintrittsalters kompensiert“, erläutert
Knox.

Druck auf nationale Rentensysteme nimmt zu

„Wie auch immer die Zahlen in den kommenden 40 Jahren aussehen
werden – es ist kaum zu bezweifeln, dass die Menschen nach dem
Renteneintritt immer länger leben“, fügt David Knox hinzu. Wenn sich
am tatsächlichen und am gesetzlichen Renteneintrittsalter nichts
ändere, steige der Druck auf die globalen Rentensysteme, und dies
verringere die finanzielle Absicherung der älteren Mitbürger.

Die Lebenserwartung zum Zeitpunkt der Geburt ist in den meisten
Ländern in den vergangenen 40 Jahren um 7 bis 14 Jahre gestiegen,
d.h. im Durchschnitt alle vier Jahre um ein Jahr. Diese Entwicklung
muss bei der Reform des Rentensystems berücksichtigt werden. Und was
noch wichtiger ist: Die verbleibende Lebenserwartung eines
65-Jährigen hat sich in den vergangenen Jahren ebenfalls erhöht,
wobei die Bandbreite von 1,7 Jahren in Indonesien bis 8,1 Jahren in
Singapur reicht.

Die global sinkenden Geburtenraten hätten deutlich größere
Auswirkungen als zahlreiche Regierungen und Staaten bisher angenommen
haben, so Knox. „Es ist ein dringendes politisches Gebot, dass alle
Länder – ganz gleich, wie groß sie sind und wie sie derzeit
eingestuft werden – die erforderlichen Änderungen umsetzen, damit sie
den durch die weltweite Alterung der Bevölkerung entstehenden
Herausforderungen standhalten können.“

„Wir leben länger, verbringen einen größeren Teil unseres Lebens
im Ruhestand und geben als Rentner mehr aus. Also müssen wir uns gut
positionieren, um einen erfüllenden, angemessen finanzierten
Ruhestand sicherzustellen“, so das Fazit von Professor Rodney Maddock
vom Australian Centre for Financial Studies.

Zur Methodik der Studie:

– Der Melbourne Mercer Global Pension Index wurde erstmalig
im Jahr 2009 mit einem Ranking für 11 Länder erstellt. Im
vergangenen Jahr wurden 25 Länder untersucht, inzwischen
umfasst der Index 27 Länder.
– Im Vergleich zum Vorjahr hat es einige Änderungen gegeben, unter
anderem eine Anpassung der Daten hinsichtlich gesunkener
Nettoersatzraten sowie die Einbeziehung von Faktoren wie
Altersarmut oder einer immer weiter steigenden
Lebenserwartung und der damit einhergehenden längeren
Rentenbezugszeit.
– Jedes Land ist auf einer Skala von 0 bis 100 bewertet. Der
Gesamtindex ist der gewichtete Durchschnittswert der drei
Sub-Indices Angemessenheit, Nachhaltigkeit und Integrität.
– Der Sub-Index Angemessenheit untersucht die derzeit
gewährten Versorgungsleistungen und einige wichtige
Gestaltungsmerkmale, wie beispielsweise Versorgungsniveau,
steuerliche Anreize, Gestaltung der Altersversorgungsmodelle,
Sparquote. Er wird als wichtigster Index mit 40 Prozent
gewichtet.
– Der Sub-Index Nachhaltigkeit untersucht anhand mehrerer
Indikatoren, ob das gegenwärtige System in Zukunft
aufrechterhalten werden kann. Bei diesem Sub-Index spielen
Faktoren wie zum Beispiel Rückdeckung, Finanzierung,
Demografie, Staatsverschuldung und flexible Arbeitszeitmodelle
für ältere Arbeitnehmer eine Rolle. Dieser Sub-Index wird mit 35
Prozent gewichtet.
– Der Sub-Index Integrität konzentriert sich auf den Bereich
der Privatvorsorge und untersucht anhand verschiedener
Indikatoren, wie „vertrauenswürdig“ und beständig das
Vorsorgesystem ist. Hier spielen staatliche Aufsicht,
Governance, Risikosteuerung und Kommunikation eine entscheidende
Rolle bei der Beurteilung.Die Gewichtung liegt bei 25 Prozent.

Zur Bewertung der einzelnen Länder wurden über 40 Indikatoren für
erstrebenswerte Merkmale in allen Altersversorgungssystemen
berücksichtigt.

Die Studie wird unterstützt von der Regierung des australischen
Bundesstaates Victoria. „Mit einem starken
Finanzdienstleistungssektor und einem großen Pool an Talenten bleibt
Victoria wegweisend im Hinblick auf das Fondsmanagement, einem
zentralen Bestandteil aller Pensions- und Rentensysteme“, sagt Wade
Noonan, Victorian State Minister for Industry and Employment. „Durch
unseren Future Industry Fund arbeitet die Regierung Victorias eng mit
dem Finanzdienstleistungssektor zusammen, um für eine weitere
Expansion, Investments und Beschäftigungswachstum zu sorgen.“

Der vollständige Studienbericht steht auf unserer Website zum
Download zur Verfügung: http://ots.de/NMWUx

Über Mercer (www.mercer.com)

Mercer zählt mit mehr als 20.000 Mitarbeitern in 43 Ländern zu den
führenden globalen An-bietern von Dienstleistungen in den Bereichen
Talent, Health, Retirement und Investments. Die Berater von Mercer
unterstützen Unternehmen bei der Gestaltung und dem Management der
beruflichen Altersvorsorge, der Krankentagegeld- und
Unfallversicherung sowie bei der Optimierung des Human
Capital-Managements. Das Unternehmen ist überdies einer der führenden
Anbieter von Verwaltungslösungen für betriebliche Nebenleistungen.
Die Mercer-Dienstleistungen im Bereich Investments beinhalten das
Investment Consulting sowie Multi-Manager Investment-Produkte. Das
Unternehmen ist Teil der Marsh & McLennan Companies, Inc.
(www.mmc.com). Die Aktie der Muttergesellschaft ist mit dem
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In Deutschland ist Mercer mit über 600 Mitarbeitern unter anderem
an den Standorten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Leipzig,
München und Stuttgart vertreten. Die Schwerpunkte der
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betriebliche Altersversorgung, Vergütung, Human Capital Strategie,
M&A und Investments, Health Management sowie Pensions Administration.

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