Auferstehung / Friedrich Roeingh zur Exitstrategie

In der Krise ist Kommunikation (fast) alles. Und in der Kommunikation erweist sich der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz mal wieder als ein Meister. Gibt Kurz sonst gern den Zackigen (und bedient geschickt autoritäre Sehnsüchte), so macht er den österreichischen Bürgern nun Hoffnung auf eine Lockerung des Corona-Notstands. Während Angela Merkel und ihr Kanzleramtsminister die Deutschen auf einen immer längeren Shutdown vorzubereiten suchen, stellt Kurz den Österreichern erste Erleichterungen bereits nach Ostern in Aussicht. Unter einer „Auferstehung Österreichs“ macht er es dabei nicht. Das ist insofern geschickt, als er mit dieser religiösen Überhöhung der äußerst zarten Lockerungsversuche überdeckt, wie lang die Krise die meisten Lebens- und Arbeitsbereiche in Österreich noch lahmlegen wird: Einkaufszentren öffnen frühestens ab Mai, Hotels und Gastronomie 14 Tage später, Sport- und Kulturveranstaltungen nicht vor Juli. Und die Ausgangsbeschränkungen – die übrigens deutlich schärfer sind als in Deutschland – werden bis mindestens Ende April aufrechterhalten. Anders als die deutsche Bundesregierung gibt Kurz seinen Landsleuten aber einen Fahrplan an die Hand, der Hoffnung auf Etappensiege macht und die Bürger zugleich zu diszipliniertem Verhalten veranlasst – zum Beispiel zum verpflichtenden Tragen eines Mund- und Nasenschutzes in der Öffentlichkeit. Man muss Sebastian Kurz nicht mögen, um ihn für sein kommunikatives Geschick zu loben. Und man muss kein Hellseher sein, um vorauszusagen, dass durch seinen Vorstoß die Debatte zur richtigen Exit-Strategie auch in Deutschland nicht mehr aufzuhalten ist.

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