Nach der Reform ist vor der Reform. Dieser
Grundsatz muss auch und gerade für das Ausbildungsreformgesetz für
Psychologische Psychotherapeuten gelten, das heute im Deutschen
Bundestag zur Abstimmung steht. „Zwar wurden bei den
parlamentarischen Beratungen wichtige Kritikpunkte der Ärzteschaft
aufgegriffen. Das ändert aber nichts daran, dass dieses Gesetz nicht
die Voraussetzungen schafft, die unzureichende Vergütungssituation
von Absolventen in der postgradualen Qualifikation sicher zu
beseitigen. Damit wird ein wichtiges Ziel der Reform verfehlt „,
sagte Dr. Heidrun Gitter, Vizepräsidentin der Bundesärztekammer und
Vorstandsbeauftragte für die ärztliche Psychotherapie. Der
Gesetzgeber habe sich nicht auf eine Lösung der eigentlichen Probleme
in der bisherigen Ausbildung psychologischer Psychotherapeuten sowie
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten konzentriert. Stattdessen
führe das Gesetz zu weitreichenden und für die Versorgungssicherheit
der betroffenen Patienten problematischen Änderungen.
Kritik an dem Gesetz üben neben der Ärzteschaft auch andere
Berufsgruppen. So ruft der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und
Psychologen heute unter dem Motto „#WirktNichtRichtig“ zu einer
Kundgebung gegen die anstehende Bundestagsentscheidung auf
(http://psychthgausbrefg.de). „Wir teilen diesen Befund und bieten
dem Gesetzgeber gerne unsere Unterstützung bei den dringend
erforderlichen Nacharbeiten an diesem Gesetz an“, erklärte Gitter.
Aus Sicht der Bundesärztekammer ist nach wie vor unklar, für
welche berufliche Tätigkeit die Bachelor- und Masterabschlüsse
jeweils qualifizieren und welche Bezeichnung die Absolventen dieser
Studiengänge tragen sollen. Die BÄK warnt zudem davor, dass vor der
Erteilung der Approbation kein Praktisches Jahr oder zumindest ein
Praxissemester durchlaufen werden soll. Dies ist weder im Interesse
der Versorgungsqualität noch des Patientenschutzes. Diese fehlende
Praxisphase und die unverändert fehlende einheitliche schriftliche
Abschlussprüfung am Ende des Studiums gefährden den Wert der
angestrebten Approbation. Weiterhin kritisch sieht die
Bundesärztekammer die Verkürzung der bisherigen Berufsbezeichnungen
„Psychologischer Psychotherapeut“ und „Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeut“ auf „Psychotherapeut“. Die BÄK weist
darauf hin, dass der Begriff „Psychotherapeut“ nicht nur
Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten umfasst, sondern auch Ärztinnen und
Ärzte mit einer entsprechenden Weiterbildung. Diese Fachärztinnen und
Fachärzte stellen die ganzheitliche psychotherapeutische Versorgung
in wesentlichem Umfang sicher. Im Einklang mit den psychologischen
Berufsverbänden und Wissenschaftlern ist der Bundesärztekammer völlig
unverständlich, warum Öffentlichkeit und Patienten nicht den
wissenschaftlichen Hintergrund der Qualifikation, nämlich die
Psychologie, erkennen können sollen. Im Gegenteil sollte sich der
Gesetzgeber klar zu einer breiten wissenschaftlichen Grundausbildung
in der Psychologie im Bachelorstudium als Fundament der neuen
Ausbildung bekennen.
„Wesentlich ist für uns auch der Fortbestand des
Wissenschaftlichen Beirats Psychotherapie (WBP) als ein bewährtes,
von den psychotherapeutisch tätigen Berufsgruppen paritätisch
besetztes wissenschaftliches Gremium“, sagte Gitter. Denn der WBP
ermögliche eine bundeseinheitliche, evidenzbasierte
Anerkennungspraxis. Es erschließe sich nicht, auf welcher Basis die
wissenschaftliche Anerkennung eines psychotherapeutischen Verfahrens
von „der zuständigen Behörde“ festgestellt werden soll, wie es das
Gesetz vorsieht. „Gerade psychisch Kranke müssen darauf vertrauen
können, dass ihre Behandlung auf wissenschaftlich begründeten
Verfahren beruht“, betonte Gitter.
Die in letzter Minute von der Regierungskoalition vorgelegten
Änderungsanträge zum eigenen Gesetzesvorschlag verändern neben der
Ausbildungsreform zusätzlich auch entscheidende Vorgaben zur
Patientenversorgung zu Lasten chronisch Kranker. „Diese
Änderungsanträge machen deutlich, dass das vorgelegte Gesetz nicht zu
Ende gedacht ist. Die Abgeordneten sollten den Mut haben, das Gesetz
zur Überarbeitung zurückzugeben“, so Gitter.
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