Badische Neueste Nachrichten: Das wird nicht reichen Kommentar von Anja Ingenrieth

Deutschland will eine aktivere Rolle auf der
Weltbühne spielen: „Germany goes global“ – so heißt das künftige
Leitmotiv deutscher Außen- und Sicherheitspolitik. Bundespräsident
Joachim Gauck, Außenamtschef Frank-Walter Steinmeier und
Verteidigungsministerin. Ursula von der Leyen orchestrierten diese
Abkehr von der bisherigen Doktrin militärischer Zurückhaltung bei der
Sicherheitskonferenz in München in demonstrativem Dreiklang. Die
Kernthese: Deutschland darf sich nicht länger hinter seiner
Nazi-Vergangenheit verstecken – und aus seiner historischen Schuld
ein „Recht auf Wegsehen“ ableiten. Die Bundesrepublik ist nach dem
Krieg unter dem Sicherheits-Schutzschirm der Nato zu einer der
größten Wirtschaftsmächte der Welt aufgestiegen und profitiert
überdurchschnittlich von der Globalisierung. Nun haben wir Deutschen
die Verantwortung, jene offene Ordnung in der Welt aktiv zu
verteidigen, die uns so viel Wohlstand gebracht hat. Deutschland wird
erwachsen. Das ist ein wichtiges Signal an die Verbündeten. Denn sie
haben die Bundesrepublik in den letzten Jahren zunehmend als
unsicheren Kantonisten statt verlässlichen Partner wahrgenommen. Die
Diskrepanz zwischen dem wirtschaftlichen Gewicht Deutschlands, der
Führungsrolle Berlins in der Schuldenkrise und dem Wegducken, wenn es
um Engagement in den Krisenregionen dieser Welt geht, wurde immer
augenfälliger. Dennoch birgt die Kurskorrektur ein hohes Risiko. Denn
die Partner in der EU und der Nato werden Deutschland an seinen Taten
messen, nicht an seinen Worten. Bisher ist die außenpolitische
Verbaloffensive nur durch eine minimale Verstärkung des Engagements
in Afrika flankiert und durch eine Beteiligung an der Vernichtung der
syrischen Chemiewaffen. Aber die Verbündeten in Washington, London
und Paris werden sehr genau darauf achten, was passiert, wenn das
nächste Mal eine Entscheidung wie der Fall Libyen ansteht. Es geht
also nicht um Goodwill – sondern um Geld, Soldaten und Ausrüstung.
Dabei bewegt sich die Bundeswehr bereits jetzt an der Grenze ihrer
Leistungsfähigkeit. Unter einem neuen Label mehr oder weniger die
alte Politik weiter zu machen – das wird nicht reichen.

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Klaus Gaßner
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