Badische Neueste Nachrichten: Den Gürtel enger schnallen

Konrad Adenauer häufte in 14 Amtsjahren gerade
einmal umgerechnet 17 Milliarden Euro Schulden an, das waren im
Durchschnitt 1,2 Milliarden pro Jahr. Bei Helmut Schmidt waren es
schon 121 Milliarden Euro in acht Jahren, also 15,1 Milliarden pro
Regierungsjahr. Danach explodierten die Schulden förmlich. Helmut
Kohl nahm in den 16 Jahren seiner schwarz-gelben Koalition 585
Milliarden Euro an neuen Krediten auf, 36,6 Milliarden pro Jahr,
Gerhard Schröder weitere 158 Milliarden und Angela Merkel bis 2012
381 Milliarden, durchschnittlich 76,2 Milliarden Euro pro Jahr. Am
gestrigen Montag beliefen sich die Schulden des Bundes, der Länder
und der Kommunen auf insgesamt 2,055 Billionen Euro, das sind 25 134
Euro pro Kopf, und sie wachsen weiterhin um 1 335 Euro pro Sekunde.
Und das, obwohl die Steuereinnahmen der öffentlichen Hand in diesem
Jahr den Rekordwert von über 600 Milliarden Euro erreichen dürften.
Klar ist, so kann es nicht weitergehen. Die anhaltende Krise der
europäischen Gemeinschaftswährung hat allen Regierungen in der
Euro-Zone drastisch vor Augen geführt, welche Folgen zu hohe
Staatsschulden haben können. Sie engen auf Dauer nicht nur den
Handlungsspielraum ein, weil immer mehr Geld für Zinsen ausgegeben
werden muss, sondern führen auch zu massiven Einschnitten mit
erheblichen sozialen Verwerfungen. Löhne, Gehälter, Renten und
Sozialausgaben werden gekürzt, notwendige Investitionen unterbleiben,
es drohen Rezession und hohe Arbeitslosigkeit. Auch in Deutschland,
das wegen der Stärke seiner Wirtschaft bislang ohne größere
Verwerfungen durch die Krise gekommen ist und derzeit praktisch zum
Nulltarif neue Schulden machen kann, reift die Erkenntnis, dass die
derzeitige Staatsverschuldung von knapp 83 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts – die höchste, die es je in Friedenszeiten gab
– zu hoch ist und gesenkt werden muss. Das im Grundgesetz verankerte
Neuverschuldungsgebot zwingt die Regierenden im Bund und in den
Ländern zum Handeln. Dank der boomenden Konjunktur, der hohen
Beschäftigungsquote und der üppig sprudelnden Steuern könnte der Bund
schon im kommenden Jahr das Ziel erreichen, einen Haushalt ohne neue
Schulden vorzulegen – das erste Mal seit 1969. Gleichzeitig könnte
die gesamtstaatliche Schuldenquote bis 2016 auf 73,5 Prozent des BIP
gesenkt werden. Die Entwicklung ist erfreulich, da sie eine
Trendumkehr bedeutet. Der Staat ist dabei, das Prinzip der
schwäbischen Hausfrau zu begreifen, dass er nur so viel ausgeben
kann, wie er zuvor eingenommen hat. Gleichwohl ist der Jubel über die
schwarze Null zu früh. Denn nur zum geringsten Teil ist sie Folge
einer strikten Konsolidierungs- und Sparpolitik der Regierung.
Entgegen den Versprechungen im Koalitionsvertrag wurde weder der
Subventionsdschungel gelichtet noch das Steuerrecht reformiert,
vielmehr ist nach Berechnungen der OECD die Steuerlast in Deutschland
wieder gestiegen. Und beim Koalitionsgipfel am kommenden Sonntag
werden wohl des Koalitionsfriedens wegen noch einmal ebenso üppige
wie teure Pakete geschnürt. In der nächsten Rezession wird aus der
schönen schwarzen Null schnell wieder ein dickes Minus.

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Klaus Gaßner
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