Badische Neueste Nachrichten: Der Frust sitzt tief

Es war eigentlich nur eine Nachwahl, im
ländlichen Departement Lot et Garonne im Südwesten Frankreichs. Das
Ergebnis kommt indes einem nationalen Warnschuss gleich – für die
regierenden Sozialisten ebenso wie für die anderen etablierten
Parteien. Zwar setzte sich am Ende der Kandidat der bürgerlichen UMP
durch, die rechtspopulistische Nationale Front (FN) kam aber auf rund
46 Prozent der Stimmen und verpasste nur äußerst knapp einen Sitz in
der Pariser Nationalversammlung. Auch diese Wahl zeigt: Die
Rechtsextremen sind in Frankreich auf dem Vormarsch. Die
FN-Vorsitzende Marine Le Pen frohlockte über die „spektakulären
Zugewinne“. Das Ergebnis ist umso beachtlicher, als der Wahlkreis
Villeneuve-sur-Lot bisher als Sozialisten-Hochburg galt. Vor einem
Jahr hatte der Sozialist Jérome Cahuzac dort noch mehr als 61 Prozent
eingefahren, während die Nationale Front mit rund 15 Prozent schon im
ersten Durchgang ausgeschieden war. Jetzt, zwölf Monate später,
schied der sozialistische Kandidat bereits in der ersten Runde aus.
Die Nachwahl war notwendig geworden, weil der frühere
Haushaltsminister im Zuge einer Schwarzgeldaffäre nicht nur sein
Ressort abgeben, sondern auch sein Abgeordnetenamt niederlegen
musste. Cahuzac, der eigentlich Steuerflucht bekämpfen sollte, hatte
jahrelang selbst Geld am Fiskus vorbei- und auf ein geheimes Konto in
der Schweiz geschleust und das Vertrauen der Wähler damit tief
erschüttert. Seit dem Amtsantritt von François Hollande im Mai 2012
haben die – vor einem Jahr noch siegreichen – Sozialisten die achte
Nachwahl in Folge verloren. In vier davon hat die PS nicht einmal den
Einzug in die Stichwahl geschafft und ist vielerorts inzwischen auf
Platz drei zurückgefallen – hinter die Rechtsextremen. Immer mehr
Wähler, die von den traditionellen Parteien enttäuscht sind, wenden
sich der FN zu. Viele Franzosen sind frustriert, weil nach der
bürgerlichen Vorgängerregierung auch ihre sozialistische Nachfolgerin
nicht in der Lage scheint, das Land aus Wirtschaftskrise und
Arbeitslosigkeitsfalle zu führen. Enttäuscht sind die Menschen
zunehmend auch von der EU-Politik. Das könnte sich im kommenden Jahr,
bei den Kommunal- und Europawahlen rächen. Marine Le Pen ist
überzeugt, dass der Frust ihrer Partei massiven Zulauf bringen wird.

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