Winfried Kretschmann ist als Ministerpräsident
unzweifelhaft ein Talent. Mangels größerer Patzer des Regierungschefs
hat die Opposition im Stuttgarter Landtag die Säge lieber an einem
Stuhl angesetzt, dessen Standfestigkeit von Anfang an fraglich
schien: Dem der Kultusministerin. Gabriele Warminski-Leitheußer, die
personifizierte Achillesferse der grün-roten Landesregierung, hat es
mittlerweile fertiggebracht, sich bei sämtlichen in der
Bildungslandschaft relevanten Gruppen bis hin zu den Gewerkschaften
unbeliebt zu machen. Für eine Sozialdemokratin will das schon etwas
heißen. Ihre Initialen „GWL“ werden im Stuttgarter Politbetrieb
längst so interpretiert: „Ganz wenig Lust“. Wiederholt schwänzte GWL
wichtige Termine, immer wieder verblüffte sie mit einem erstaunlichen
Mangel an politischem Bewusstsein, und gleichzeitig traute sie sich
zu, eine Vielzahl von Neuerungen zeitgleich einführen und managen zu
können. Sie kann es nur ungenügend. Schon für die flächige
Etablierung der Gemeinschaftsschule und die Entwicklung passender
pädagogischer Inhalte bräuchte die Ministerin Unterstützung – in
erster Linie von ihrer Fraktion. Doch noch nicht einmal dort ist sie
wohlgelitten, von der mächtigen Lehrergewerkschaft GEW ganz zu
schweigen. In dieser Notlage wird die Vermittlung eines eigentlich
trivialen Sachverhalts wie der Einsparung von Lehrerstellen
angesichts rapide abnehmender Schülerzahlen schnell zur
Existenzfrage. Die längst im Kultusministerium nagende Erosion hat
die CDU mit ihrem gestrigen Entlassungsantrag beschleunigt. Ihn von
Gabriele Warminski-Leitheußer gleich noch auf Superminister Nils
Schmid auszudehnen, hat die Durchschlagskraft des Antrags nicht
erhöht. Ebenso wenig die von Ministerpräsident Kretschmann behauptete
Weigerung des Oppositionsführers Peter Hauk, die Behandlung der
Entlassungsanträge auf den gestrigen Mittag zu verschieben. Wenn
Kretschmann als Bundesratspräsident wegen parteitaktischer Spielchen
eine Gedenkrede für NS-Opfer absagen muss, hat der Spaß ein Ende. So
oder so lodern Flammen unterm Dach des Neuen Schlosses. Erstes Opfer
ist der Ministeriumssprecher, ein Duz-Freund der Chefin. Und auch sie
spürt bereits den beißenden Qualm.
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