Badische Neueste Nachrichten: Ein Trippelschritt

Die mehr als 20 Millionen Rentner in Deutschland
sind eine Macht. Keine Koalition legt sich gerne mit ihnen an – und
schon gar nicht in Wahljahren. Die 2,5 Millionen Pflegebedürftigen
dagegen haben keine Macht und auch keine mächtige Lobby. Wenn die
Politik sich um ihre Belange kümmert, handelt sie nach dem
Minimalprinzip: Nur das tun, was unbedingt nötig ist. Entsprechend
harsch fällt nun auch das Urteil des Pflegereportes der Barmer GEK
über die neue private Zusatzversicherung aus, den sogenannten
Pflege-Bahr: Halbherzig, sozialpolitisch fragwürdig, überschätzt.
Kein Wunder: Mit zehn Euro Mindestbeitrag im Monat wird sich das
Pflegerisiko im Alter nicht in Ansätzen absichern lassen – und der
staatliche Bonus von fünf Euro ist allenfalls gut gemeint, aber
sicher kein Anreiz, heute eine solche Versicherung abzuschließen. Wer
gut verdient hat, braucht die fünf Euro nicht unbedingt. Für den, der
mittelprächtig oder schlecht verdient, ist der Zuschuss zu gering.
Eine Staffelung nach Einkommen? Eine Pflicht zur privaten Vorsorge
anstelle der von Gesundheitsminister Daniel Bahr favorisierten
Freiwilligkeit? Fehlanzeige. Auch der Pflege-Bahr funktioniert nach
dem Minimalprinzip. Ein Land wie die Bundesrepublik, das schleichend
vergreist, steuert damit direkt auf eine Pflegekatastrophe zu: Immer
mehr Menschen werden in Zukunft auf fremde Hilfe angewiesen sein,
weil sie keine Kinder haben, die sich später um sie kümmern. Die
Pflege im Heim aber ist teuer, auch das zeigt der Pflegereport, und
mit einer kleinen Rente und der gesetzlichen Pflegeversicherung
alleine selten zu finanzieren. Die Koalition jedoch, die die
Dimension dieses Prob-lems erkennt, muss erst noch gewählt werden.
Der Pflege-Bahr ist ein Schritt in die richtige Richtung – aber
leider nur ein Trippelschritt.

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Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
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