Es war von Anfang an klar, dass das Urteil im
Mubarak-Prozess die ägyptische Gesellschaft spalten würde. Der
ehemalige Diktator wurde zu lebenslanger Haft mit der Aussicht auf
eine Begnadigung verurteilt. Anhänger des alten Regimes brachen schon
im Gerichtssaal in Jubel aus, in den Städten Kairo, Alexandria und
Suez demonstrierten dagegen die Enttäuschten. Doch die europäische
Elle in Ländern anzulegen, die ihren Weg zu Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit erst noch finden müssen, wäre schon vom Ansatz
her falsch. In Europa ist die Todesstrafe abgeschafft, in der
arabischen Welt ist sie unverändert üblich. Trotzdem sind Wut und
Enttäuschung schlechte Ratgeber. Schließlich gibt es bislang kein
Indiz dafür, dass das Urteil gegen den früheren Präsidenten
manipuliert wurde. Die Beweislage gegen Hosni Mubarak reichte für ein
härteres Strafmaß offensichtlich nicht aus. Insofern entsprach das
Urteil rechtsstaatlichen Grundsätzen. Der frühere Innenminister Habib
al-Adli teilt Mubaraks Schicksal. Umso erstaunlicher ist jedoch, dass
sechs hohe Polizeioffiziere und Mubaraks Söhne ungestraft davonkamen.
Dies lässt nicht nur bei dem Ägypter auf der Straße und den Familien
der Todesopfer Zweifel aufkommen, ob hier nicht doch zu viel
Rücksicht genommen wurde. Der Zorn der Menschen ist verständlich. Und
er wird sicher Folgen haben für die zweite Runde der Präsidentenwahl.
Es ist durchaus denkbar, dass das Mubarak-Urteil die Chancen der
Muslimbrüder weiter vergrößert.
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