Badische Neueste Nachrichten: EnBW Mängelrüge

Eigentlich könnte der Untersuchungsausschuss zur
EnBW-Affäre sofort seine Arbeit einstellen: Das Gutachten des
Rechnungshofs lässt an Deutlichkeit kaum etwas zu wünschen übrig. Wer
wirklich noch Zweifel daran hatte, dass es beim Rückkauf der
EnBW-Aktien durch das Land nicht mit rechten Dingen zuging, wird
durch die lange Mängelliste der Karlsruher Prüfer eines Besseren
belehrt. Der vertrauliche Bericht ist eine weitere deftige Ohrfeige
für den abgewählten Ministerpräsident Stefan Mappus und seinen alten
Ettlinger Kumpel Dirk Notheis, der als Investmentbanker unzulässig an
den Strippen der Macht zog. Seit der peinliche E-Mail-Verkehr
zwischen Banker und Regierungschef vor wenigen Tagen durch gezielte
Indiskretionen öffentlich wurde, hat sich der Strudel der EnBW-Affäre
zu einem reißenden Mahlstrom entwickelt. Dirk Notheis ist von ihm
bereits verschluckt worden. Mitleid mit dem
Morgan-Stanley-Deutschland-Chef muss man nicht haben. Vor zwei Jahren
schrieb der Top-Finanzmanager einen Leserbrief an die BNN, in dem er
die Ettlinger Sparkassenfusion heftig kritisierte. Seine zentrale
Botschaft zum Thema Bankenvorstände lautete damals: Wer Fehler macht,
muss auch persönlich für dieselben einstehen. Dieser Satz fällt nun
auf seinen Urheber Notheis zurück. Seine Auszeit an der Bankspitze
wird wohl dauerhafter Natur sein. Für die Landes-CDU ist das Erbe
ihrer letzten Regierungsjahre eine Katastrophe. Zwar distanzierte
sich Parteichef Thomas Strobl am Wochenende in kaum zu überbietender
Deutlichkeit von Mappus und Notheis, doch sein Entsetzen über die
Mailkorrespondenz des Duos ist eher taktischen Überlegungen
geschuldet. Schließlich war Strobl als Generalsekretär der Adlatus
von Mappus und könnte selbst noch vom EnBW-Mahlstrom erfasst werden.
Der Parteitag am 21. Juli in Karlsruhe wird zeigen, wie groß der
Unmut an der Basis ist. Wann sich die Christdemokraten von der
Vergangenheit lösen und den propagierten Aufbruch einleiten können?
Auf jeden Fall nicht, so lange Mappus alle Vorwürfe als absurd
bezeichnet und so lange die Partei an ihm festhält. Zumal Grün-Rot
den Untersuchungsausschuss aus taktischen Gründen so lange wie
möglich hinausziehen wird. In der öffentlichen Wahrnehmung hat die
Oppositionsarbeit der CDU noch gar nicht begonnen, die ehemals so
selbstbewusste Baden-Württemberg-Partei ist gefesselt in der
Vergangenheitsbewältigung.

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