Es waren ungewohnte und ungewöhnliche Töne. Kaum
im Amt, warb Verteidigungsminister Thomas de Maizière offen für die 
Anschaffung von Drohnen. Nicht nur von reinen Aufklärungsdrohnen, 
sondern auch von bewaffneten Flugkörpern, die in der Lage sind, Ziele
sofort zu bekämpfen, gesteuert von Soldaten in sicheren Leitständen. 
Drohnen, so des Ministers „cetero censeo“, seien dringend notwendig, 
um eine Fähigkeitslücke der Armee zu schließen und die Soldaten im 
Einsatz zu schützen. Umso unverständlicher und unerklärlicher, dass 
der gleiche Minister in seinem eigenen Hause so wenig Interesse für 
das moderne Waffensystem der Zukunft zeigte. Bei seinem mit Spannung 
erwarteten Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags 
räumte Thomas de Maizière ein, dass er entgegen seiner ersten 
Behauptung vor dem Verteidigungsausschuss zwar mehrfach über Probleme
bei der Zulassung des „Euro Hawk“ informiert wurde, dass diese 
allerdings stets als „lösbar“ geschildert wurden. Und als das Thema 
im Mai wieder auf seinem Tisch landete, war der Habicht schon 
abgestürzt. Sein Staatssekretär unterrichtete ihn über den Ausstieg 
aus dem Projekt. Und de Maizière billigte diese Entscheidung seines 
Untergebenen. Selbstverständlich ist es nicht die Aufgabe eines 
Verteidigungsministers, sich bis ins letzte Detail mit jedem 
Rüstungsprojekt zu beschäftigen, zumal de Maizière mit dem Umbau 
seines Hauses und der Neugliederung der Armee mehr als genug zu tun 
hatte. Und doch erstaunt sein Desinteresse an dem Drohnenprojekt, das
für ihn derart wichtig und bedeutend war, doch. Offenbar benötigt die
Bundeswehr die unbemannten Flugkörper, denen die Zukunft in der 
Kriegsführung gehören wird, tatsächlich dringend. Dies auch im 
Hinblick auf zukünftige Auslandseinsätze, was Generalinspekteur 
Volker Wieker vor dem Ausschuss bestätigte. So ist es kaum 
nachvollziehbar, dass die Entscheidung zum Ausstieg auf der Ebene der
Ministerialbürokratie fiel und der politisch verantwortliche Minister
sie ohne weitere Nachfragen abnickte. Die Probleme, die von Anfang an
bekannt waren, wurden grob unterschätzt, ihre Lösung immer wieder 
verschoben, bis es zu spät war. Die Arbeit des 
Untersuchungsausschusses hat trotz des aufziehenden Wahlkampfes einen
frappierenden Einblick in die Arbeit des Ministeriums geliefert: 
Probleme existieren nur, wenn es darüber einen Aktenvermerk gibt, 
gibt es keine Vorlage, gibt es auch kein Problem. Eindrucksvoll 
verwies der frühere Verteidigungsminister Rudolf Scharping aber 
darauf, dass es nicht nur eine „Bringschuld“ der Beamten gegenüber 
der Spitze, sondern auch eine „Holschuld“ des Ministers gebe, wenn er
erkenne, dass etwas nicht läuft. Thomas de Maizière, Typ 
Aktenfresser, verließ sich ganz auf seinen engsten Vertrauten, 
Staatssekretär Stéphane Beemelmans, der sich wiederum ganz darauf 
verließ, was ihm seine Untergebenen meldeten. In der politischen 
Spitze des Ministeriums wurde offensichtlich nie offen über die von 
Anfang an existierenden Grundprobleme, mögliche Alternativen oder 
andere Ausstiegsszenarien geredet. Entschieden wurde auf der 
Grundlage von Akten. Von Beamten. Thomas de Maizière wird Minister 
bleiben, die Kanzlerin will und kann nicht auf ihn verzichten. Und 
doch ist nach dem Euro-Hawk-Desaster nichts mehr so wie es vorher 
war. De Maizières Ruf hat gelitten, sein Ansehen ist beschädigt. Denn
ausgerechnet der Minister, der sich so vehement für den Kauf von 
Drohnen einsetzte, hat durch sein Tun, besser gesagt Nicht-Tun, dafür
gesorgt, dass die Bundeswehr so schnell keine eigenen Drohnen erhält.
Die Fähigkeitslücke, die er schließen wollte, bleibt auf Dauer 
bestehen.
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