In der freien Wirtschaft spricht es sich
angesichts der demografischen Entwicklung und des drohenden
Fachkräftemangels allmählich herum – ein Unternehmen lebt auch und
gerade von seinen Mitarbeitern und davon, wie sehr sich diese mit
ihrem Arbeitgeber und dem Produkt identifizieren. Nichts ist
langfristig verheerender für eine Firma als ein Heer an frustrierten,
enttäuschten Mitarbeiter, die ihren eigenen Kindern abraten,
ebenfalls diesen Beruf zu ergreifen. Insofern müssen nicht nur im
Verteidigungsministerium sondern auch im Kanzleramt alle Alarmglocken
schrillen, wenn fast zwei Drittel aller Führungskräfte in der
Bundeswehr so unzufrieden mit ihrem Job sind, dass sie niemanden mehr
den Dienst in den Streitkräften empfehlen würden. Und das sagen nicht
die einfachen Soldaten, die für ein paar Jahre anheuern, sondern die
Spieße, Kompaniechefs und Kommandeure, die das Rückgrat der Armee
darstellen, als Vorgesetzte und Vorbilder den Geist der Truppe prägen
und für das Bild der Bundeswehr in der Öffentlichkeit verantwortlich
sind. Gefährliche Auslandseinsätze, in denen Gesundheit und notfalls
sogar das Leben riskiert werden, lange Abwesenheiten von Partnern und
Familien, regelmäßige Versetzungen, dazu die Unsicherheiten, die sich
durch den permanenten Umbau der Bundeswehr ergeben und nicht zuletzt
das offenkundige Desinteresse der Politik wie der Öffentlichkeit an
der Arbeit der Soldaten – die Liste der Frust-Gründe ist ebenso lang
wie nachvollziehbar. Vor allem beim Thema Vereinbarkeit von Familie
und Beruf, in der freien Wirtschaft längst als ein wichtiges
Kriterium bei der Arbeitsplatzwahl erkannt, hapert es bei den
Streitkräften vorne und hinten, wie auch die Jahresberichte der
Wehrbeauftragten regelmäßig belegen. Die Bundeswehr ist ein
spezieller Arbeitgeber, der von seinen Mitarbeitern viel verlangt –
und dabei nicht immer zimperlich ist. Der Ton macht die Musik.
Verteidigungsminister Thomas de Maizière, eigentlich als effizienter
Macher gerühmt, schafft es offensichtlich nicht, seine Soldaten auf
dem Weg der Reform mitzunehmen, sie von seinen Plänen zu überzeugen
und ihnen das Gefühl zu vermitteln, wie wichtig und wertvoll ihre
Arbeit für den Staat und seine Bürger ist. Und es gelingt ihm nicht,
die Reform der Bundeswehr zu einem Gemeinschaftsprojekt der gesamten
Bundesregierung zu machen, bei dem das Kabinett an einem Strang
zieht. Die Soldaten fühlen sich alleine gelassen und wenden sich
frustriert ab. Das ist fatal, sieht es damit doch für die Armee im
Wettbewerb um den Nachwuchs bald zappenduster aus.
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