Badische Neueste Nachrichten: Großherziges Angebot

Diese Rolle gefällt Sigmar Gabriel: Weil sich
die bayerische CSU wieder einmal querlegt und das neueste
Prestigeobjekt von Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der
Leyen, die sogenannte Lebensleistungsrente für Geringverdiener,
überraschend doch nicht mehr mittragen will, schlüpft der SPD-Chef
mit sicherem Gespür für die Sorgen und Nöte der kleinen Leute in die
Rolle des Supermanns, der mit einem kühnen Sprung das gefährdete
Projekt doch noch rettet. Großzügig bietet er der CDU Gespräche an,
um einen „nationalen Rentenkonsens“ zu erzielen – „ohne die
Blockierer von CSU und FDP“, wie er gleich hinzufügt. Sein
großherziges Angebot klingt gut und signalisiert im Wahljahr die
Bereitschaft zur Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg – und
doch ist es eine vergiftete Offerte. Sigmar Gabriel weiß ganz genau,
dass die Regierung darauf nicht eingehen kann und nicht eingehen
wird. Würde die CDU tatsächlich mit der SPD gemeinsame Sache machen,
würde dies automatisch das Ende der schwarz-gelben Koalition bedeuten
– und das wenige Monate vor der Bundestagswahl. An einer derartigen
Brüskierung ihrer Koalitionspartner aber können weder Angela Merkel
noch Ursula von der Leyen ein Interesse haben. Kein Wunder, dass die
Regierung das Angebot Gabriels zwar freundlich im Ton, aber knallhart
in der Sache ablehnt. Die Sozialministerin setzt trotz des
Widerstandes der Christsozialen wie der Liberalen auf weitere
Verhandlungen im eigenen Lager. Auch inhaltlich liegen zwischen den
Konzepten von der Leyens und der SPD Welten. Zwar sind sich die
beiden Volksparteien einig, etwas zu tun, um die Mini-Renten
derjenigen aufzustocken, die ein Leben lang gearbeitet haben und
dennoch auf die Leistungen aus der Grundsicherung angewiesen sind,
gleichwohl geht das Rentenkonzept der SPD weit über den Vorschlag von
der Leyens hinaus. Ein „nationaler Rentenkonsens“, so hübsch er auch
klingt, liegt in weiter Ferne, zumal hier wie da die Finanzierung
völlig ungeklärt ist. Und für Schnellschüsse ist die Materie zu
komplex. So entpuppt sich Gabriels Vorstoß als Wahlkampf-Manöver. Der
SPD-Chef nutzt die unübersehbaren Differenzen zwischen den
Koalitionspartnern, um sich als Retter in der Not ins Gespräch zu
bringen, wohl wissend, dass ihn niemand rufen wird. Aber für eine
positive Medienresonanz hat es allemal gereicht.

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