Badische Neueste Nachrichten: Keine Insel

Deutschland ist auf Dauer keine Insel der
Glückseligkeit, wenn die Signale für die Weltkonjunktur auf Abschwung
stehen und die Rezession in vielen Industrie- und Schwellenländern
bereits die Oberhand gewonnen hat. Die Anzeichen mehren sich, dass
die deutsche Wirtschaft in den weltweiten Abwärtssog gerät. Zum
Beispiel hat sich den dritten Monat in Folge die Stimmung auf den
Chefetagen der Unternehmen verschlechtert. Der
Ifo-Geschäftsklimaindex ist auf den schlechtesten Wert seit mehr als
zwei Jahren gefallen. Das ist nur ein Indiz, wenn auch der wichtigste
Frühindikator für die deutsche Konjunktur. Zwar war die Entwicklung
am Arbeitsmarkt in den letzten Monaten noch leicht positiv, aber der
Zuwachs an Arbeitsplätzen hat sich abgeschwächt. Vor allem sind die
Zahlen für die Zeit- und Leiharbeit bereits rückläufig. Für
Arbeitsmarktexperten ist die Zeit- und Leiharbeit ein Frühindikator,
während die Arbeitslosenzahl der konjunkturellen Entwicklung mit etwa
einem halben Jahr Zeitverzögerung nachfolgt. Der Aufschwung hat
seinen Höhepunkt überschritten. Was erst nach einer leichten und
vorübergehenden Konjunkturdelle aussah, entpuppt sich immer mehr als
der Anfang vom Ende des derzeitigen Konjunkturzyklus. Wer gedacht
hatte, das Auf und Ab der Konjunktur sei einem lang anhaltenden
Aufschwung gewichen, der hat sich geirrt oder regierungsamtliche
Propaganda nachgebetet. Die Wirtschaftstätigkeit verläuft nach wie
vor in Auf- und Abschwüngen. Das hat mit dem allzu menschlichen
Herdentrieb zu tun, im aktuellen Fall aber auch mit den immer noch
nicht abgearbeiteten Folgen der Bankenkrise sowie in noch größerem
Maße mit der Schuldenkrise in der Euro-Zone. Wieder einmal bestätigt
sich, dass Unsicherheit Gift für die Wirtschaft ist. Dabei ist
Unsicherheit im Übermaß gegeben. Und sie nimmt Tag für Tag zu.
Niemand kann mit Sicherheit sagen, ob Griechenland Ende dieses Jahres
noch der Euro-Zone angehört, ob Spanien unter den Rettungsschirm
schlüpfen muss, ob Italien die Lasten der Sanierung weiter aus
eigener Kraft schultern kann. Eine Pleite Griechenlands kann
Deutschland bis zu 89 Milliarden Euro kosten. Kommt es in einem
solchen Fall zum befürchteten Domino-Effekt und rauschen dadurch auch
andere Euro-Länder in die Pleite, drohen Verluste bis über 300
Milliarden Euro. Vor allem ist in einem solchen Fall ein Absturz in
eine Rezession sicher. Alles hängt mit allem zusammen. Vieles
verläuft nicht rational, sondern ist abhängig von
Stimmungsschwankungen sowie von den Entwicklungen jenseits der
Grenzen. Das gilt in besonderem Maße für die Konjunktur und ganz
besonders für die exportlastige deutsche Wirtschaft. Zum Beispiel
steht völlig unabhängig vom Ausgang der amerikanischen
Präsidentschaftswahlen fest, dass die USA im kommenden Jahr einen
Sparkurs einschlagen werden. In China hat sich die wirtschaftliche
Wachstumsrate bereits bis unter die als kritisch angesehene Schwelle
von acht Prozent abgekühlt; der Internationale Währungsfonds warnt
vor einem weiteren Rückgang. Die drei wichtigsten
Wachstumslokomotiven der Weltwirtschaft – Europa, Amerika und China –
fahren im Rückwärtsgang.

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Klaus Gaßner
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