Die Flugbegleiter setzen die Daumenschrauben an:
In weiser Voraussicht hat die Lufthansa zwei Drittel der für heute
geplanten Flüge abgesagt. Trotzdem wird das Chaos an den Flughäfen in
Deutschland groß sein. Die Leidtragenden sind die vielen
Geschäftsreisenden und Touristen, die ihr Ziel nicht erreichen werden
oder die auf gepackten Koffern in der Fremde auf den Heimflug warten.
Die Bahn darf sich derweil die Hände reiben. Mit zusätzlichen Zügen
will der Konzern im innerdeutschen Verkehr die zahlreichen
„Umsteiger“ von Stadt zu Stadt befördern. Bahnchef Rüdiger Grube kann
jetzt beweisen, dass die Bahn durchaus mithalten kann, wenn es um die
Verbindungen zwischen den Wirtschaftszentren geht. Auch die
Konkurrenz am Himmel darf sich freuen. Während die „Kranich“-Flieger
gezwungenermaßen am Boden bleiben, können sie sich über neue Kunden
freuen. So mancher wird bei dieser Gelegenheit auch dauerhaft sein
Herz für die Konkurrenz entdecken – zum Leidwesen der
Lufthansa-Spitze. Je länger der Ausstand der Stewardessen und
Stewards dauert, desto mehr schadet der Streik nicht nur dem
Unternehmen selbst, sondern der gesamten Wirtschaft. Deutschland ist
auf eine funktionierende Fluglinie angewiesen, wenn der
Hightech-Standort nicht leiden soll. Es ist an der Zeit, dass sich
Bundesverkehrsminister Ramsauer nicht nur mit Radfahr-Plänen und
einem neuen Flensburger Punktekatalog zu Wort meldet, sondern dass er
die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zurückbringt. Ein Jahr
dauert inzwischen das Gerangel zwischen der Gewerkschaft UFO und der
Konzernspitze. Ginge es nur um Lohnprozente, wäre eine Einigung
vermutlich schon lange erzielt worden. Aber den Flugbegleitern geht
es nicht nur um mehr Geld auf dem Konto, sondern um Strukturfragen.
Wie sieht die Lufthansa in der Zukunft aus? Wird alles, was Geld
kostet, „outgesourct“? Machen Billigkräfte den Stewardessen und
Stewards in der Kabine das Leben schwer? Es geht um unternehmerische
Entscheidungen und um die Zukunft des Konzerns in einem schwierigen
Umfeld. Die Airlines aus dem Mittleren und Fernen Osten machen der
Lufthansa schwer zu schaffen. Dazu kommen die Billiganbieter, die
Flüge zum Schnäppchenpreis verkaufen. Schon jetzt schreibt die
Lufthansa rote Zahlen – wenn sie nicht rechtzeitig gegensteuert, geht
der Sinkflug munter weiter. Ohne einen Vermittler lassen sich die
verhärteten Fronten kaum aufbrechen.
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Klaus Gaßner
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