Badische Neueste Nachrichten: Mehr Aufmerksamkeit

Mit der Wahl von Tomislav Nikolic zum neuen
Präsidenten wird Serbiens Weg nach Europa erheblich schwieriger. Der
angeblich geläuterte Pro-Europäer müsste sich erst das Vertrauen der
EU erringen, die ihn eher für einen unzuverlässigen Populisten hält.
Nikolics Sieg zwingt Brüssel aber auch, dem Balkan wieder mehr
Aufmerksamkeit zu widmen als zuletzt. Euro-Krise, das Sorgenkind
Griechenland und anderes mehr haben die Region in den Hintergrund
gedrängt. Der unterlegene Tadic hat in seinen bisher acht Amtsjahren
die Lage seines Landes spürbar stabilisiert. Das ist nicht
unerheblich, denn Serbien spielt eine zentrale Rolle für eine
dauerhafte Befriedung auf dem Balkan. Die Beziehungen zu den
Nachbarländern Kroatien und Bosnien-Herzegowina, die unter der
früheren Kriegspolitik Belgrads schwer gelitten haben, wurden
merklich verbessert. Diese positive Bilanz ist mit Nikolic als
Präsident erst einmal infrage gestellt. Das Regieren in Belgrad wird
also sehr viel schwieriger werden: Denn Tadics Demokratische Partei
(SPS) und die erstarkten Sozialisten (SPS) haben sich bereits auf die
Fortsetzung der Koalition geeinigt. Und Präsident und Regierung haben
unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft des Landes. Allein die
Anerkennung Kosovos als eigener Staat, zu der Tadic in Prinzip bereit
wäre, rückt wieder in weite Ferne. Die Lösung der Kosovo-Frage hat
aber die EU als Bedingung für die Beitrittsverhandlungen gestellt,
deren Beginn ab 2013 nun gefährdet ist. Gefährdet ist auch der
innenpolitische Reformkurs der letzten Jahre. Dass mit Nikolic als
Präsident die staatsmafiosen Strukturen aus der Milosevic-Ära endlich
aufgebrochen werden, ist eher unwahrscheinlich.

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Klaus Gaßner
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