Der Ministerpräsident ist im syrischen
Präsidialsystem nicht die entscheidende politische Figur. Die Macht
liegt bei Präsident Baschar al-Assad und dessen Clan, mit dem er die
Armee und die Geheimdienste kontrolliert. Dennoch ist es ein
bemerkenswertes Menetekel, dass sich Ministerpräsident Riad Hidschab
mit seiner Familie nach Jordanien abgesetzt hat. Seit Wochen wechseln
Offiziere und Diplomaten auf die Seite der Aufständischen. Erst
wenige, dann immer mehr. Nun auch das ranghöchste Regierungsmitglied,
der Ministerpräsident. Das Regime Assad zeigt
Auflösungserscheinungen. Dabei ist nicht klar erkennbar, ob es sich
bei denen, die sich vom Regime abwenden, um Überzeugungstäter
handelt, die dem Töten ein möglichst schnelles Ende bereiten wollen.
Oder ob es sich um Opportunisten handelt, die nicht mehr daran
glauben, dass Assad sich noch lange an der Macht halten kann. Ein
rechtzeitiger Wechsel auf die Seite der Aufständischen kann
verhindern, mit in den Strudel des untergehenden Regimes gerissen zu
werden. Letztlich spielt aber die Motivation für den Ausgang der
syrischen Rebellion keine Rolle. Die Macht von Präsident Assad
erodiert. Der Bürgerkrieg wird derzeit im Kampf um Aleppo
ausgetragen. Die Schlacht um die syrische Wirtschaftsmetropole bindet
nicht nur auf der Seite der Aufständischen viele Kräfte, sondern auch
erhebliche Teile von Assads Streitkräften. In der Hauptstadt haben
sich die Gewichte verschoben; Damaskus wird wieder weitgehend von den
Regierungstruppen kontrolliert. Allerdings haben die Aufständischen
mit ihrem Anschlag auf das Gebäude des Fernsehens im streng
gesicherten Stadtzentrum zweierlei deutlich gemacht: Sie sind in der
Hauptstadt immer noch präsent. Immer mehr dürfte sich die Einsicht
durchsetzen, dass Assad den Bürgerkrieg nicht gewinnen wird. Sein
Untergang ist nur noch eine Frage der Zeit.
Pressekontakt:
Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
Telefon: +49 (0721) 789-0
redaktion.leitung@bnn.de
Weitere Informationen unter:
http://