Auch politische Ereignisse gehorchen einer
gewissen Logik. Sie sind nicht ungeordnet oder gar mit Verheißungen
aufgeladen, wie das oft zeitgenössische Politiker suggerieren. So
wird jetzt deutlich, dass die Bezeichnung „Arabischer Frühling“ die
Umwälzungen in Nordafrika und Nahost nicht richtig trifft. Nachdem
die Anfangseuphorie verflogen ist, meldet sich die Geschichte als
Lehrmeisterin zurück. Sie ruft in Erinnerung, dass die „Revolution
ihre Kinder frisst“. Überliefert ist der Satz aus der Französischen
Revolution. Er beschreibt das Entsetzen darüber, dass der
revolutionäre Prozess nicht zu mehr Gerechtigkeit und Freiheit führt,
sondern sich ständig an Radikalität überbietet. Nichts anderes spielt
sich derzeit in Ägypten ab. Die Revolution beseitigte zwar den alten
Herrscher Mubarak, doch damit kehrt keine Ruhe ein, geschweige denn
die anvisierten demokratischen Ziele werden erreicht. Vielmehr
etabliert sich lediglich ein neuer Herrscher, der nun wiederum des
Verrats an revolutionären Zielen bezichtigt wird. Das historische
Vorbild „Französische Revolution“ macht auch deutlich, was in Ägypten
zu erwarten ist. Ähnlich wie vor über zwei Jahrhunderten in
Frankreich steuert das nordafrikanischen Land auf einen Bürgerkrieg
zu, der die radikalen Kräfte an die Macht spülen könnte. Ist ein
gewisser Grad an Erschöpfung erreicht, sehnen sich alle nach einem
„Retter“, der wieder für Ruhe und Ordnung sorgen soll. Vielleicht
schlüpft aber auch Präsident Mursi in die Rolle des neuen starken
Mannes, indem er die Revolution einfach für beendet erklärt. Für die
Revolutionäre hieße das Gefängnis oder Schlimmeres. Das kann man
alles in den Geschichtsbüchern über die Französische Revolution
nachlesen. Wer glaubt, in Ägypten stünde die Demokratie bereits vor
der Tür, und man müsse sie nur hereinlassen, ist naiv. Dass die
meisten Politiker im Westen nichts dazugelernt haben, ist ein
Armutszeugnis. Außenpolitik lässt sich nicht auf die gewohnten
innenpolitischen Formeln reduzieren.
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