Badische Neueste Nachrichten: Popstars des Protests – Kommentar von Tobias Roth

Natürlich war der Aufschrei groß. Die beiden
populärsten Frauen der Protestbewegung Pussy Riot sind gestern in
Sotschi vorübergehend festgenommen worden. Nadeschda Tolokonnikowa
und Maria Aljoschina sind längst Popstars des Protestes gegen
Wladimir Putin, gefeierte Widerständler, die sich auf die Fahnen
schreiben, auch die Macht der Mächtigen nicht zu fürchten. Dass sie
in der Olympiastadt festgesetzt und nach eigenen Angaben drangsaliert
worden sind, ist – vorausgesetzt die Schilderungen stimmen – ein
Eigentor der russischen Führung. Denn mit der Festnahme hat man den
beiden die Bühne bereitet, die sie für ihre Botschaft brauchen. Nach
allem was bekannt ist, haben sich Tolokonnikowa und Aljochina in
Sotschi nichts zuschulden kommen lassen. Der Vorfall zeigt die
Unfähigkeit der russischen Führung, mit Kritikern umzugehen. Die
halbe Welt blickt auf die Olympischen Spiele am Schwarzen Meer und
die Behörden haben nichts Besseres zu tun, als wegen eines Diebstahls
in einem Hotel eine Festnahme anzuordnen, die binnen Minuten als
Schlagzeile um die Welt geht. Das ist für Putin mehr als unglücklich,
für die Frauen jedoch ein Gewinn. Sie brauchen genau solche Vorfälle,
um sich mit ihrer Systemkritik Gehör zu verschaffen. Aber es geht
nicht nur um Pussy Riot. Im Schatten der Frauen haben auch andere zu
kämpfen: Der Umweltschützer Jewgeni Witischko ist erst kürzlich zu
drei Jahren Straflager verurteilt worden. Bürgerrechtler Semjon
Simonow, der vor allem die Ausbeutung von Gastarbeitern angeprangert
hat, sieht sich fast täglichen Gängeleien der Sicherheitskräfte
ausgesetzt. Das alles wirft ein unschönes Licht auf Putins glänzende
Spiele.

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