Das Vertrauen der Tschechen in die Europäische
Union war schon einmal größer – laut aktueller Umfragen steht nur
noch ein Drittel der Bevölkerung hinter der Brüsseler Politik. Immer
mehr Bürger machen die EU für die wirtschaftliche Talfahrt des Landes
verantwortlich. Dazu kommen die hausgemachten Probleme: Der strikte
Sparkurs der Regierung Necas sorgt nicht nur in der Hauptstadt Prag
für Proteste. Staatspräsident Václav Klaus schlägt gerne
anti-europäische und anti-deutsche Töne an, um die Lufthoheit über
den Stammtischen zu behalten. Die Stimmungslage für einen Besuch der
Bundeskanzlerin in Tschechien war also schon besser. Die Weigerung
Prags, den europäischen Fiskalpakt zu unterschreiben, gehörte genauso
zu den schwierigen Themen wie die Zukunft des Atomkraftwerks Temelin
in der Nähe der bayerischen Grenze. Von einem Gleichklang der
Meinungen kann auch nach der Visite der Kanzlerin keine Rede sein.
Solange Václav Klaus auf der Prager Burg regiert, wird Tschechien dem
Fiskalpakt fernbleiben. Und auch das Atomkraftwerk Temelin wird
weiter ausgebaut – aller Bedenken aus Deutschland zum Trotz. 20 Jahre
nach der Unterzeichnung des Nachbarschaftsvertrags mit Prag hängt der
Haussegen trotz aller diplomatischen Floskeln schief. Während
Deutschland den Atomausstieg besiegelt hat, entsteht direkt vor der
eigenen Haustür ein neues Riesenkraftwerk mit all den bekannten
Gefahren. Während Berlin die Lehren aus Fukushima gezogen hat,
verweist man in Prag lapidar auf die guten Sicherheitsvorkehrungen.
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Klaus Gaßner
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