Badische Neueste Nachrichten: Skeptische Letten

Auf dem Höhepunkt der Griechenland-Krise schien
der Zerfall der Währungsunion noch ziemlich nahe. Nun nimmt der
Euro-Klub Lettland als 18. Mitglied auf. Litauen dürfte bald folgen.
Das Vertrauen in die Gemeinschaftswährung ist nicht zerstört – die
Staatsschuldenkrise keine Euro-Krise. So werten zumindest die
EU-Spitzen den Beitritt Rigas zur Gemeinschaftswährung 2014. Mehr
noch: Lettland hat sich mit einem harten Sparkurs vom
Pleite-Kandidaten zum Haushalts-Musterschüler gemausert, dürfte in
diesem Jahr die am schnellsten wachsende Wirtschaft Europas werden.
Riga beweist Athen, Madrid und Co., dass die bittere
Konsolidierungspille doch wirkt – und wird dafür belohnt. Soweit das
Bild der Eliten vom Euro-Beitritt. Das Problem: es ist nicht das Bild
der Bürger. Hätte Ministerpräsident Valdis Dombrovskis sein Volk über
den Euro-Beitritt abstimmen lassen, hätte er wohl ein „Nein“
kassiert. Denn viele Letten haben Angst, das kleine Land könne zum
großen Verlierer der Euro-Zonen-Probleme werden. Lettland hat während
der eigenen Krise harte Opfer erbracht und eisern gespart. Es gehört
zu den ärmsten EU-Mitgliedern – 40 Prozent der Bevölkerung sind von
Armut bedroht. Dennoch muss es nach dem Beitritt womöglich für
reformunwillige Euro-Krisenstaaten im Süden Europas aufkommen. Zudem
fürchten die Letten Preissteigerungen nach dem Währungswechsel. Die
Europäische Zentralbank warnt, wegen des Aufholprozesses zu den
anderen Euro-Ländern seien in den kommenden Jahren steigende
Inflationsraten zu befürchten. Kommt es so, könnte der Euro zwar ein
Mitglied gewonnen, die EU am Ende jedoch ein Volk verloren haben.
Dann nämlich, wenn die Letten den Eindruck bekommen, für ihre Opfer
„bestraft“ zu werden. Nicht zuletzt wegen der großen Skepsis in ihrer
Bevölkerung haben Länder wie Bulgarien, Tschechien und Polen den
Euro-Beitritt auf die lange Bank geschoben.

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Klaus Gaßner
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