Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip
Erdogan hat eine einfache Antwort auf die immer neuen
Korruptionsvorwürfe gegen seine Regierung und sich selbst: Lasst den
Wähler entscheiden. Die Kommunalwahlen am 30. März werden von Erdogan
zu einer Art Volksabstimmung über die Korruptionsaffäre erklärt.
Gewinnt seine Partei AKP die Wahl deutlich, wie es die meisten
Umfragen voraussagen, dann wird Erdogan das als Freispruch durch den
obersten Richter im Land interpretieren. Tatsächlich wird die Wahl
zeigen, inwieweit die Türken ihrem Premier vertrauen. Doch Erdogan
liegt falsch, wenn er versucht, das Wählervotum als Ersatz
ordentlicher Untersuchungen der Korruptionsvorwürfe anzupreisen.
Erdogan wird sich mit einem Wahlsieg im März nicht reinwaschen
können. In einer Demokratie müssen Vorwürfe dieser Art von
unabhängiger Seite transparent aufgearbeitet werden. Das Problem ist,
dass die Justiz in der Türkei in ihrem derzeitigen Zustand eine
solche unabhängige Untersuchung nicht liefern kann. Seit
Bekanntwerden der Vorwürfe hat Erdogan Tausende Polizisten, Richter
und Staatsanwälte versetzen lassen und damit mehr als deutlich
gemacht, dass er keine kritischen Blicke auf eventuelle Verfehlungen
zulassen will. Mit einer jetzt beschlossenen Reform bringt Erdogan
die Justiz noch weiter unter die Kontrolle der Regierung. Solange
Erdogan diesen Trend nicht umkehrt, wird er auch die Wahl im März
nicht als Sieg der türkischen Demokratie feiern können.
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Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
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