Badische Neueste Nachrichten: Wille zur Veränderung

Manchmal macht erst der Einzelfall klar, wie
absurd der Status quo ist und wie überfällig eine Einwanderungsreform
in den Vereinigten Staaten. Da ist der Gärtner aus El Salvador, der
vor gut zwanzig Jahren ins Land kam, der inzwischen heiratete und
eine Familie gründete. Seine Kinder, geboren in Phoenix, sind
automatisch US-Staatsbürger, während er jederzeit abgeschoben werden
kann, falls er erwischt wird, etwa bei einer Verkehrskontrolle. Er
würde deportiert in seine alte Heimat, die er kaum noch kennt, seiner
Existenz beraubt, von seiner Familie getrennt, falls die ihm nicht
folgt ins Ungewisse. Es gibt Hunderttausende solcher Geschichten, und
schon deshalb ist die Neuordnung des Einwanderungsrechts auf der
Washingtoner Agenda ganz nach oben gerückt. Die amerikanische
Mittelklasse lässt ihren Rasen mähen, ihre Dächer flicken, ihre Wege
pflastern, sogar ihre Kinder betreuen von den billigen Arbeitskräften
ohne Papiere. In manchem Gewächshaus würde keine Tomate gepflückt, in
manchem Geflügelbetrieb kein Huhn verarbeitet, gäbe es nicht die
„Illegalen“. Entsprechend hohl klingt es, wenn Tea-Party-Populisten
den fleißigen Malochern vorhalten, sie lägen dem Fiskus auf der
Tasche. Unterm Strich haben Einwanderer immer mehr gegeben, als sie
sich nahmen, auch das ist eine Grunderfahrung der Neuen Welt. Es
spricht für die Lernfähigkeit der politischen Klasse, dass sie sich
eines Besseren besinnt, nachdem viel Zeit vertrödelt wurde mit
Phrasendreschen. Allmählich scheinen sich die verhärteten Fronten im
Kongress aufzulockern. Immerhin werben Demokraten und Republikaner
gemeinsam für eine Reform, etwas völlig Neues nach vier Jahren
erbitterter Konfrontation. Das Reformwerk könnte diesmal glücken,
nachdem 2007 der letzte Anlauf gescheitert war. Aber der politische
Wille zur Veränderung ist so stark, wie er lange nicht war.

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