Zumindest hat Hassan Ruhani sie nicht wieder
eingerissen, die Brücke, die Barack Obama ihm erst ein paar Stunden
zuvor in der UN-Generalversammlung gebaut hatte. Den konzilianten,
dialogbereiten Tönen des Amerikaners ließ der Iraner eine Rede
folgen, in der er auf die düstere Polemik seines Vorgängers
verzichtete, auf die hasserfüllten anti- israelischen Tiraden und
abstrusen Verschwörungstheorien eines Mahmud Ahmadinedschad. Damit
können die republikanischen Falken den demokratischen Präsidenten
nicht gleich wieder als naiven Träumer verspotten, dessen Offerten
die hartleibigen Ajatollahs mit kalten Worten ins Leere laufen lassen
– so wie es kurz nach dem Jubel um Obamas Amtseinführung war.
Kein Zweifel, es tut sich was in New York, wenn auch vorläufig nur
atmosphärisch und noch nicht in der Substanz. Doch immerhin: Heute
treffen sich die Außenminister der USA und Irans zu einem Gespräch,
wie es absoluten Seltenheitswert hat, seit 1979 die islamische
Revolution die Herrschaft des Schah beendete und die Ajatollahs den
„Großen Satan“ Amerika zum Erzfeind erklärten. Ob es einen Neustart
markiert oder sich nur als Eintagsfliege entpuppt – wer kann das
heute schon seriös beurteilen? Abzuwarten bleibt, ob sich Ruhani, ein
relativ gemäßigter Mann, gegen die Betonfraktion im eigenen Land
durchsetzen kann, ob ihm die geistliche Führung den Rücken stärkt
oder Knüppel zwischen die Beine wirft. Und ob seinem sachlichen Ton
Taten folgen, belastbare Zugeständnisse im Streit um das iranische
Atomprogramm. Man darf nicht vergessen, auch Obama muss sich mit der
Vorsicht eines Seiltänzers bewegen. Zu tief sitzt nach über drei
Jahrzehnten Eiszeit die Skepsis, vor allem auch im Kongress zu
Washington, der letztlich zu entscheiden hat über eine Lockerung der
Iran-Sanktionen. Falls Ruhani einen Schlingerkurs fährt, lavierend
zwischen rhetorischer Milde und Härte in der Sache, fehlt es bald am
Humus, auf dem das zarte Pflänzchen der Annäherung gedeihen kann. Die
Chance zum Durchbruch ist so gut wie lange nicht mehr, wie vielleicht
noch nie seit Khomeinis Revolution. Aber es ist eben nur eine Chance.
Die hat sich Ruhani allerdings verdient. Der Präsident weiß um die
schwierige wirtschaftliche und soziale Situation des einst reichen
Iran und will sein Land aus der selbst verschuldeten Isolation
führen. Die vom Westen verhängten Sanktionen haben langfristig doch
gewirkt.
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Badische Neueste Nachrichten
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