Badische Zeitung: Geschickte Arbeitsteilung mit dem Papst / Gerhard Ludwig Müller, der mächtigste Deutsche im Vatikan, wird Kardinal – von Gerhard Kiefer

Konsequent konservativ. Und kirchenrechtlich wie
theologisch kompromisslos: So lassen sich Selbstverständnis und
Wirken von Gerhard Ludwig Müller (66) beschreiben, den Papst
Franziskus – zusammen mit 17 weiteren Theologen – am Samstag zum
Kardinal ernennen wird. Freiburgs Erzbischof Robert Zollitsch nennt
den neuen Kardinal einen der namhaften Theologen der Gegenwart. Aber
Freunde sind die beiden wohl kaum. Als Zollitsch im Oktober 2013 mit
einer pastoralen Pioniertat Wege wies, geschiedenen und wieder
verheirateten Katholiken die Sakramente nicht länger zu verweigern,
zeigte ihm Müller mit kurialer Autorität sofort die Gelbe Karte. Aus
der Perspektive Benedikt XVI. machte es im Juli 2012 Sinn, diesen ihm
persönlich vertrauten und mit ihm kongruent denkenden Theologen nach
Rom zu rufen. Rätselhaft blieb jedoch, weshalb der Papst den Bischof
zwar zum ranghöchsten Glaubenshüter machte, ihn dann aber überging,
als er im November 2012 zum letzten Mal Kardinäle ernannte. Müller
hat in Freiburg bei Karl Lehmann Philosophie und Theologie studiert,
promoviert und sich habilitiert. Zehn Jahre war er Bischof in
Regensburg, als er ging, hielt sich die Trauer in Grenzen. Kein
anderer deutscher Bischof provozierte wie er. Es fehle seinem
Mitbruder halt „an praktischer pastoraler Vernunft“, bilanziert
bitter ein hochrangiger deutscher Bischof. Weil Müller sich auch in
Rom von allen abgrenzt, die nach Reformen rufen, entstand der
Eindruck, er bilde die Speerspitze reaktionärer Opposition gegen den
neuen Papst, ja er könne sogar zu dessen Kontrahent werden. Denn jene
„Barmherzigkeit“, die Franziskus für die pastorale Praxis postuliert
(jüngst sogar im vatikanischen Ehegericht!), kommt in Müllers
Vokabular kaum vor. Doch ob den neuen Papst aus Argentinien und den
neuen Kardinal aus Deutschland wirklich Substantielles trennt, lässt
sich belastbar bislang nicht beurteilen. Denkbar ist vielmehr, dass
die beiden ihr Miteinander in geschickter Arbeitsteilung gezielt
unterschiedlich leben: Franziskus predigt Barmherzigkeit, umarmt
Missgebildete und gewinnt so Sympathien, während Müller verteidigt,
was – wie alle Päpste – auch Franziskus lehrt. Und vielleicht hat
Jorge Mario Bergoglio ja erkannt, dass ihm Müller als Theologe
überlegen ist und er den Deutschen braucht. http://mehr.bz/bofna21021

Pressekontakt:
Badische Zeitung
Anselm Bußhoff
Telefon: 07 61 – 4 96-0
redaktion@badische-zeitung.de
www.badische-zeitung.de

Weitere Informationen unter:
http://