Badische Zeitung: Punktsieg für Putin / Die Ukraine setzt unter Viktor Janukowitsch endgültig auf Hilfe aus Russland / Von Ulrich Krökel

Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch hat
sich für die Anbindung seines Landes an Russland entschieden. Die EU
sollte die Tür für die Ukraine dennoch offen halten – aber nicht mehr
für Janukowitsch. Eines muss man Wladimir Putin lassen: Für einen
Coup ist der russische Präsident jederzeit gut. Am Dienstag ließ er
die Duma eine Amnestie beschließen, von der auch Regimekritiker
profitieren könnten. Darunter sind die jungen Frauen von „Pussy Riot“
und mehrere angeklagte Greenpeace-Aktivisten. Das dürfte auch in
Brüssel und Washington für positive Resonanz sorgen – an einem Tag,
der ansonsten ganz im Zeichen der Konfrontation zwischen West und Ost
gestanden hätte. Denn nur wenige Stunden nach der
Amnestie-Entscheidung traf Putin mit dem ukrainischen Präsidenten
Viktor Janukowitsch zusammen, um dessen jüngsten Ostschwenk in Form
zu gießen. Einem Vertrag mit der EU hatte Janukowitsch bekanntlich
eine Absage erteilt. Die Gründe wurden am Dienstag nochmals
deutlich: Brüssel bot in den Augen des Ukrainers zu wenig Geld und
forderte noch dazu die Freilassung von Julia Timoschenko, der
Intimfeindin des Präsidenten. Außerdem machte Moskau mit unlauteren
Mitteln Druck. Der Kreml drohte mit Handelsblockaden und einem
Gaskrieg. Nun also geht Janukowitsch durch die Tür nach Osten. Er
bekommt jetzt vor allem jenes Geld, das sein korruptes Regime so
dringend braucht. Ob ihm Putins Finanzspritze dauerhaft Ruhe
beschert, ist allerdings mehr als zweifelhaft. Angesichts der
Proteste im Land ist es unwahrscheinlich, dass sich die ukrainische
Wirtschaft auf absehbare Zeit erholt. Investoren, insbesondere aus
dem Westen, sind verschreckt. Selbst wenn die Revolte in Kiew über
den Winter abebben sollte und sich Janukowitsch bis zur regulären
Wahl 2015 retten kann, so sind seine Perspektiven düster. Die EU wird
nicht müde zu betonen, dass die Tür nach Westen für die Ukraine
offenbleibt. Ob sie auch für Janukowitsch weiterhin offen ist, ist
allerdings fraglich. Wer würde den Präsidenten nach all den Windungen
und Wendungen der vergangenen Monate noch ernst nehmen, wenn er nun
wieder in Brüssel vorstellig werden sollte? Die EU täte gut daran,
die Tür nur für eine neue Ukraine ohne Janukowitsch offen zu halten.
Es hat auf absehbare keinen Sinn, mit dem Kiewer Regime Gespräche zu
führen. Sie würden Janukowitsch nur als Feigenblatt dienen und damit
helfen. Insofern war es richtig von EU-Erweiterungskommissar Stefan
Füle, weiteren Unterredungen mit den Abgesandten aus Kiew eine Absage
zu erteilen. Dass er dies am Sonntag über den Internetdienst Twitter
tat, war allerdings dilettantisch. Am Montag musste er sich von
diversen EU-Außenministern anhören, dass Brüssel grundsätzlich weiter
gesprächsbereit sei. Es war einmal mehr ein peinliches Schauspiel,
das zeigte, wie EU-Außenpolitik nicht gemacht werden darf.

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