Am Tag danach sprach er immerhin von einer
„Niederlage“, der Regierende Bürgermeister von Berlin. Man kann es
aber noch klarer sagen: Der Volksentscheid gegen die Bebauung des
ehemaligen Flughafens war für Klaus Wowereit (SPD) und die Koalition
eine schlimme Schlappe. Denn der Senat und die ihn tragenden Parteien
konnten den Erfolg der Bürgerbewegung für ein freies Flugfeld nicht
verhindern. Der eigene Gesetzentwurf scheiterte grandios. Schlimmer
kann es eigentlich für eine Regierung kaum kommen.
Es gibt ein grundsätzliches Unbehagen der Menschen an großen
Bauprojekten. Das hätte die Berliner Politik wissen können.
Spätestens seit Stuttgart 21 müssen Landesregierungen mit den Bürgern
rechnen. Beim Volksentscheid zu Tempelhof ist einiges schiefgegangen.
Die CDU war nicht wirklich für die Pläne der SPD und forderte
unmittelbar vor der Abstimmung eine Überarbeitung des Masterplans.
Gleichzeitig wächst am rechten Rand mit der Alternative für
Deutschland (AfD) eine Partei, die die Unzufriedenen der Union
aufnimmt. Die CDU mit ihrem Landeschef Frank Henkel sollte die
Tempelhof-Abstimmung als Warnung verstehen. Es fehlt eine klare
Führung in inhaltlichen Fragen.
Die SPD konnte trotz eines guten EU-Wahlergebnisses ihre Anhänger
von einer Randbebauung von Tempelhof nicht überzeugen. Großprojekte
wie eine Hunderte Millionen Euro teure Landesbibliothek sind nicht
mehr vermittelbar. Das Desaster um den Großflughafen BER tut sein
Übriges, um das Misstrauen zu bestärken. Wenn sich ein solcher
Vertrauensverlust verfestigt, können die Auswirkungen bei der
Abgeordnetenhauswahl 2016 fatal werden.
Gäbe es einen kraftvollen Regierenden Bürgermeister, der auch den
nächsten Urnengang im Auge hätte – er würde Tempelhof zum Anlass
nehmen, den rot-schwarzen Senat umzubilden. Klaus Wowereit reiste am
Tag nach der Niederlage zu Wirtschaftsgesprächen nach China.
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