Mit dem neuen Hauptstadtflughafen, der am 3. Juni
in Schönefeld den Betrieb aufnimmt, sind jede Menge Erwartungen
verbunden. Er soll die Berliner Erfolgsgeschichte im Tourismus
fortschreiben, Investoren die Stadt schmackhafter machen und so
Berlins wirtschaftlicher Entwicklung insgesamt einen ordentlichen
Schub verpassen. Allerdings hängt der Erfolg des BER in hohem Maße an
einer Fluggesellschaft, die in einem brutal harten Konkurrenzkampf
nicht zu den stärksten Akteuren zählt. Air Berlin, Deutschlands
zweitgrößte Airline, steht in schicksalhafter Verbindung zum größten
Infrastrukturprojekt der Hauptstadtregion. Der Erfolg des Flughafens
ist untrennbar mit dem Wohlergehen der Fluggesellschaft verbunden.
Hartmut Mehdorn, der Vorstandschef des Konzerns, hat unlängst gesagt:
„Die Frage ist, ob es uns gelingt, aus dem neuen Flughafen einen Hub
zu machen.“ „Hub“ bedeutet in der Sprache der Flugbranche Drehkreuz.
Es sind wichtige Knotenpunkte im weltweiten Verbindungsnetz der
Airbus- und Boeing-Flieger. Wer per Flugzeug die Kontinente
überwinden will, reist über ein solches Drehkreuz. Frankfurt/Main und
München erfüllen derzeit diese Funktion in Deutschland, Düsseldorf
mit Abstrichen. Es liegt nun an Air Berlin, über sein Partnernetzwerk
Oneworld die Hauptstadt wirklich mit der weiten Welt zu verbinden.
Denn nur dann hat der BER im Vergleich zu Tegel und Schönefeld heute
auch eine wirklich neue Funktion – und nicht nur einen schönen
Terminal-Neubau nebst frisch geteerter Start- und Landebahnen. Und
nur, wenn ein wirkliches Drehkreuz entsteht, ist auch die
Wirtschaftlichkeit des Airports gesichert. Dass Air Berlin am 20.
März offiziell der Oneworld-Allianz beitritt, ist ein wichtiger
Schritt in Richtung eines Drehkreuzes. Mindestens genauso wichtig
war, dass die Fluggesellschaft Etihad aus dem Emirat Abu Dhabi dem
hochverschuldeten Berliner Unternehmen als Aktionär und Geldgeber zur
Seite sprang. Das hat Air Berlin stabilisiert; das kann Mehdorn als
Erfolg verbuchen. Doch der immense Verlust, den die Fluggesellschaft
vergangenes Jahr einflog und die Nettoverschuldung von mehr als 800
Millionen Euro zeigen, auf welch brüchigem Grund das Unternehmen
immer noch steht. Mehdorn hat zwar ein Sparprogramm begonnen. Das
allein ist jedoch kein Erfolgsgarant. Der ehemalige Bahnchef selbst
spricht die Risiken an: Unsichere Konjunkturentwicklung durch
Euro-Krise und Co., horrend hohe Kosten für Kerosin infolge des hohen
Ölpreises, dazu harter Kampf der Fluggesellschaften um jeden
Reisenden. Mehdorn, der ursprünglich nur für kurze Zeit Air Berlin
führen wollte, hat jetzt angedeutet, bis 2013 weiterzumachen. Es ist
eine richtige Entscheidung, denn Personalrochaden an der Spitze
sollten in dieser Zeit besser unterbleiben. Der Erfolg von Air Berlin
– und damit des neuen Flughafens – entscheidet sich nicht in diesem
Jahr; das wird länger dauern. Hartmut Mehdorn wird damit zu einer
entscheidenden Figur, nicht nur für Air Berlin. Als Bahnchef mag er
sich bei vielen unbeliebt gemacht haben. Doch gerade in Berlin, wo so
hohe Erwartungen an den BER geknüpft sind, gilt nun: Beten für
Mehdorns Erfolg.
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