Das soll es nun also gewesen sein. Berlins
Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wollte mit seinem
Auftritt im Abgeordnetenhaus und vor dem SPD-Landesvorstand einen
Schlusspunkt unter die Steueraffäre seines Ex-Kulturstaatssekretärs
André Schmitz (SPD) setzen. Als Fazit des gestrigen Tages kann man
immerhin feststellen: Wowereit ist sich selbst treu geblieben. Kein
Wackeln, kein Wanken, schon gar keine Entschuldigung. Nein, er würde
noch einmal so entscheiden, wie er es 2012 getan hatte, als Schmitz
ihm mitteilte, dass er Steuern hinterzogen hatte. Wowereit bleibt
einfach stur bei seiner Linie – trotz aller Kritik.
Dabei hätte es auch ein anderes Vorgehen geben können. Das Beste
wäre gewesen, Wowereit hätte nicht im stillen Amtszimmer entschieden,
dass der verdiente Kulturpolitiker Schmitz weitermachen darf. Schmitz
hätte gleich, unterstützt von Wowereit, die Öffentlichkeit
informieren müssen. Auch das nun präsentierte Rechtsgutachten zur
Frage, ob Wowereit ein Disziplinarverfahren gegen Schmitz hätte
einleiten müssen – er musste es wohl nicht, so das Gutachten -, hätte
dem Verfahren damals gut zu Gesicht gestanden. Dann hätte sich nicht
der Eindruck verfestigt, da entscheidet ein Regierungschef nach
Wohlwollen und Verdiensten.
Wowereits Treue zu seinem Staatssekretär steht auch im Gegensatz
zur Linie seiner Partei. Denn es war die SPD – sowohl im Bund, als
auch im Land Berlin – die auf Schmitz– Entlassung gedrängt hatte. In
dieser Steueraffäre sieht Wowereit wie ein Getriebener aus. Im Detail
mag es am Montag keine neuen Vorwürfe gegeben haben. Insofern ist der
Fall Schmitz wohl abgeschlossen. Aber dem Ansehen des Regierenden
Bürgermeisters, das wegen des Desasters am Flughafen BER ohnehin
ramponiert ist, hat diese Steueraffäre weiter geschadet. Das
Gefährliche für Politiker in Spitzenpositionen ist der schleichende
Machtverfall, der Verlust an Glaubwürdigkeit. Noch gefährlicher für
die Landes-SPD ist allerdings, dass immer weniger Berliner ihren
Spitzenmann respektieren. Mit wem sollen die Sozialdemokraten denn in
die nächste Abgeordnetenhauswahl ziehen? Die Frage nach dem
Nachfolger und dem Zeitpunkt einer Amtsübergabe an einen Nachfolger
wird immer dringlicher.
Im Mai wird ein neues Europaparlament gewählt. Die SPD wird sich
das Ergebnis in Berlin genau anschauen müssen.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de
Weitere Informationen unter:
http://