Wochenlang ist über Integration in Deutschland, 
über Fehler und Erfolge diskutiert worden. Nun hat die schwarz-gelbe 
Bundesregierung beschlossen – und bestehende Regelungen verschärft. 
Das bringt ihr den Beifall vieler Menschen ein, die sich in der 
Debatte der vergangenen Wochen die über integrationsunwillige 
Menschen beklagt und endlich ein konsequenteres Vorgehen und mehr 
Härte gegen Migranten gefordert hatten. Ihnen macht es die 
Bundesregierung nun recht. Doch man muss schon genauer hinsehen. 
Sicherlich ist es richtig, dass Zwangsverheiratungen künftig als 
Straftatbestand und nicht nur als schwere Form der Nötigung behandelt
werden. Aber erstens bleibt das Strafmaß (Haft bis zu fünf Jahren) 
das Gleiche, und zweitens wird es damit nicht einfacher, Zwangsehen 
nachzuweisen. Dass solche Ehen auch in Deutschland geschlossen 
werden, dass junge Frauen in die Türkei gebracht und dort gegen ihren
Willen verheiratet werden, das wissen wir ja schon länger. Wenn sich 
aber niemand findet, der die Eltern anzeigt, die ihren Kindern so 
etwas antun, dann wird sich nichts bessern. Daran ändert auch ein 
Straftatbestand Zwangsverheiratung nichts. Symbolpolitik nannten die 
Grünen im Bundestag dies gestern. Völlig zu Recht. Noch mehr muss man
sich über die Beschlüsse zu integrationsunwilligen Migranten wundern.
Die Bundesregierung will die Teilnahme an Sprachkursen schärfer 
kontrollieren. Was bedeutet, dass bei der Verlängerung einer 
Aufenthaltserlaubnis künftig geprüft werden muss, ob der Mann oder 
die Frau auch am Integrationskurs teilgenommen hat. Wenn nicht, soll 
die Aufenthaltserlaubnis nicht verlängert werden, auch 
Hartz-IV-Leistungen kann man kürzen. Alles sicherlich richtig – das 
Problem ist nur: All dies ist jetzt schon möglich. Es wird nur nicht 
gemacht. Viel wäre schon jetzt gewonnen, würden die 
Behördenmitarbeiter die bereits bestehenden Regelungen auch umsetzen.
Ob sie es bei den neuen bereitwilliger tun? Inkonsequent ist übrigens
auch, nur die bloße Teilnahme am Integrationskurs zu verlangen – und 
nicht einen erfolgreichen Abschluss. Wer den Kurs nicht besteht, 
sollte ihn wiederholen müssen. Das wäre konsequent. Ja, es gibt in 
Deutschland integrationsunwillige Menschen, auch 
Deutschenfeindlichkeit in den Schulen, zu viele Migranten ohne 
Schulabschluss oder Berufsausbildung. Dagegen muss etwas getan werden
– von allen. Von Eltern, Lehrern, Schülern, Politikern. Innenminister
Thomas de Maizière (CDU) hat Berlin vorgeworfen, viel mehr als andere
Städte bei der Integration versagt und Parallelgesellschaften 
geduldet zu haben. Aber auch wenn es stimmt, dass gravierende Fehler 
gemacht wurden – mit Vorwahlkampfgetöse und symbolhaften Beschlüssen 
kommt man bei der Integration nicht weiter. Mit klaren Regel und 
Vorgaben, was wir von Migranten erwarten, schon.
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