Die Euro-Krise hat uns gezwungen, in immer neuen
Milliarden-Dimensionen zu denken. Nun droht die nächsthöhere Stufe.
Die Energiewende in Deutschland könnte bis zu eine Billion Euro, also
tausend Milliarden Euro, kosten, orakelt Bundesumweltminister Peter
Altmaier. Diesen Preis für den Abschied von der Kernenergie und
CO2-lastigen Kohlekraftwerken und den Verlass auf umweltfreundliche
Energieträger hat er von seinen Beamten ausrechnen lassen. Allerdings
mit der Einschränkung, dass die schwer vorstellbare Summe in den
nächsten 20 Jahren nur fällig wird, wenn die üppigen Subventionen für
Wind-, Fotovoltaik- und Biogasanlagen weiter fließen.
Der Zeitpunkt für die Präsentation der Horrorrechnung – wie
realistisch sie auch sein mag – ist natürlich kein Zufall. Altmaier
will mit ihr für seine Strompreisbremse werben und Druck auf die
Opposition machen. Zum Wohle der Stromverbraucher, insbesondere der
Normalhaushalte und mittelständischen Betriebe, die von der
Ökostrom-Umlage und der daraus resultierenden drastischen Verteuerung
des Stroms besonders betroffen sind. Ohne eine Preisbremse (Deckelung
der Ökoumlage von derzeit 5,3 Cent pro Kilowattstunde bis Ende 2014)
droht der Strom 2013 um weitere zehn Prozent teurer zu werden.
Man mag – wie die Opposition – den Vorstoß des Ministers als
durchsichtiges Wahlkampfmanöver abtun. Aber das ist zu kurz gedacht.
Natürlich hat Altmaier auch die Wähler im Sinn und will bei ihnen
punkten. Doch es geht um mehr. Um die Akzeptanz der Energiewende. Und
die bedingt, dass der Umbau nicht nur eine verlässliche
Energieversorgung garantiert, sondern zugleich bezahlbar bleibt. Das
will zwar auch die Opposition, ziert sich aber, vor der Wahl eine
gemeinsame Lösung anzustreben. Auch aus wahltaktischen Gründen. Nach
dem vertrauten Motto: der Regierung nichts Gutes gönnen.
Dass Otto Normalkunde einmal mehr das Nachsehen hat, diesmal in
Form weiter steigender Strompreise, scheint die Opposition nicht zu
stören. Schon jetzt stammen 23 Prozent des in Deutschland
produzierten Stroms aus alternativen Quellen. Und der Ausbau zu Lande
wie im Meer läuft dank der reichlichen Subventionen wie geschmiert.
Aber sind alle über Jahre garantierten Vergütungen aus dem
Energie-Einspeisungsgesetz EEG überhaupt noch gerechtfertigt? Zum
Beispiel für die sich explosionsartig ausbreitenden
Fotovoltaik-Anlagen? Das sind zudem Schönwetter- Energiespender, für
die in trüben Witterungszeiten wie diesen teure konventionelle
Kraftwerke als Ausfallreserve vorzuhalten sind. Oder wie kräftig
können Windkraftbetreiber aus dem EEG abkassieren, wenn sie
Landwirten bis zu 40.000 Euro „Miete“ allein dafür zahlen, dass sie
auf deren Acker ein Windrad aufstellen.
Die Energiewende gibt es nicht zum Nulltarif. Aber sie darf nicht
einseitig von denen bezahlt werden, die sich am wenigsten wehren
können. Wahlkampf hin, Wahlkampf her, eine Strompreisbremse muss her.
Sonst wird nicht nur die Stromrechnung noch höher. Auch die Akzeptanz
der Energiewende schwindet. Das darf keiner wollen.
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