Keine Frage: Für die Ärmsten der Gesellschaft
bleibt es eher ein schlechter Witz. Fünf Euro mehr im Monat sind zwar
auch für die von den Steuerzahlern zu füllende Staatskasse kein
Pappenstiel (rund 400 Millionen Euro), für die 6,7 Millionen
Hartz-IV-Bezieher aber kaum mehr als ein Almosen. Natürlich schreien
diejenigen laut Skandal, die wie Gewerkschaften, Sozialverbände und
Linkspartei die Hartz-Gesetze schon immer für Teufelswerk gehalten
haben. Scheinheilig dagegen die Kritik von SPD und Grünen. Sie haben
in der rot-grünen Koalition einst Gerhard Schröders Reformwerk
beschlossen. Weil in dem die Höhe der Hartz-Sätze nur grob über den
Daumen gepeilt worden war, verlangte das Bundesverfassungsgericht
mehr Transparenz und eine stärkere Berücksichtigung der
Entwicklungschancen von Hartz-IV-Kindern. Eine grundsätzliche
Erhöhung des Regelsatzes von derzeit 359 Euro wird im Urteil vom
Februar ausdrücklich nicht gefordert. Wenn sich alle Wut der
Betroffenen wie vereinte Kritik von Verbänden und politischer
Opposition auf das Fünf-Euro-Sümmchen fokussieren, wird bewusst
abgelenkt vom Kern des Koalitionsbeschlusses wie dem zentralen
Auftrag der Karlsruher Richter. Denn Schwarz-Gelb hat deren Vorgabe
weit besser erfüllt und steht deshalb erfolgreicher da, als es das
Echo seiner Gegner vermuten lässt. Das gilt insbesondere für das
Herzstück des Koalitionsbeschlusses: das Bildungspaket für die
Kinder. So ist zu loben, dass die zusätzlichen Leistungen in Form von
Sachgutscheinen und nicht durch weitere Barzahlungen an die
Erziehungsberechtigten erfolgen. Dahinter steckt kein generelles
Misstrauen. Wohl aber aus zweifelhaften Erfahrungen die Garantie,
dass die Angebote vom Schulmittagessen über Sport- und Musikofferten
bis zu Nachhilfestunden tatsächlich von den Kindern genutzt werden
können. Insgesamt stehen für dieses Kinder-Förderwerk jetzt jährlich
620 Millionen Euro zur Verfügung. Ein Betrag, mit dem Kinder aus
bildungsfernen und finanziell knappen Familien endlich stärker an dem
Gut teilhaben können, das von allen Parteien wortreich beschworen
wird: Bildung. Damit verbessern sich die Chancen zum Ausstieg aus dem
Hartz-Milieu und Aufstieg in Schule, Berufsausbildung bis hin zum
Studium. Und wäre die Regierung noch ein bisschen mutiger gewesen,
hätte sie die fünf Euro nicht den Erwachsenen, sondern deren Kindern
noch zusätzlich gutgeschrieben. Die Großen können sich zu Recht von
dem minimal erhöhten Regelsatz auf den Arm genommen fühlen. Für eine
hoffnungsvollere Zukunft der Kleinen aber hätten dann eine Milliarde
Euro im Topf gelegen. Bestens angelegtes Geld. Und vielleicht sogar
Anstoß für manche Eltern, ihren Kindern nachzueifern und neue
Anstrengungen zu machen, um raus aus Hartz IV und rein ins
Berufsleben zu finden. Denn es kann kein Staatsziel sein,
Hartz-IV-Karrieren dauerhaft abzufedern.
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