Eines kann man dem Bundesinnenminister nicht
vorwerfen: Aktionismus. Ein einziges Gesetz
(„Bundesbesoldungsanpassungsgesetz“) hat Thomas de Maizière (CDU)
seit seinem Amtsantritt im Spätherbst 2009 bis ins Bundesgesetzblatt
gebracht. Doch das muss kein schlechtes Zeichen sein. Schließlich
schätzt man de Maizière als einen besonnenen Mann – wie er erst
jüngst mit seiner Warnung vor Hysterie wegen Googles Street View
unter Beweis gestellt hat. Für seinen Referentenentwurf zum
Beschäftigtendatenschutz war es jedoch allerhöchste Zeit. Nachdem ein
Skandal der Arbeitnehmerausspähung den nächsten jagte, musste allen
Beteiligten an einer unmissverständlichen Rechtsgrundlage gelegen
sein. Denn die gab es bislang so nicht. Wer wissen wollte, was geht
und was nicht, der musste nicht nur verschiedene Landes- und
Bundesdatenschutzgesetze durchforsten, sondern auch eine Reihe von
höchstrichterlichen Urteilen. In einer Reihe von Fällen musste den
Unternehmen – beziehungsweise ihren „Sicherheitsbeauftragten“ – zwar
klar sein, dass sie bei ihrer Mitarbeiterausforschung nicht nur gegen
Treu und Glauben, sondern auch gegen bestehende Gesetze verstießen.
Die aber waren alles andere als übersichtlich und in Teilen
tatsächlich auch nicht mehr zeitgemäß. Die technischen Möglichkeiten
waren den bestehenden Gesetzestexten nämlich längst davongeeilt.
Internetnutzung der Arbeitgeber bei Bewerbungsverfahren ist zum
Beispiel so ein Punkt. Auch wenn die Bedenkenlosigkeit der frühen
Jahre, mit der viele ihre Partyfotos und anderes im Internet
verewigten, sich gelegt haben mag – als Bewerbungsunterlage möchten
wohl die wenigsten zum Beispiel ihre Facebook-Einträge vom
zukünftigen Arbeitgeber benutzt wissen. Da folgen die Autoren des
Gesetzentwurfs nun der Erkenntnis, dass manchmal der Bürger auch vor
sich selbst geschützt werden muss. Informationen aus sozialen
Netzwerken dürfen demnach nicht als Kriterium für Einstellungen
herangezogen werden. Bei der Videoüberwachung am Arbeitsplatz soll
ohne grundsätzliche Zustimmung des Beschäftigten gar nichts (mehr)
gehen. „Der Arbeitgeber darf Beschäftigtendaten nur mit Kenntnis des
Beschäftigten erheben“, steht in aller wünschenswerten Klarheit im
Entwurfstext. Wie man hört, hat da die liberale
Bundesjustizministerin noch ein bisschen nachgeholfen, bei der
informationellen Selbstbestimmung der Beschäftigten. Wer in Zukunft
Arbeitnehmer ausspäht, wird es wesentlicher schwerer haben, seine
Ausreden mit unklarer Gesetzeslage zu begründen. Das erspart zwar
keinem Arbeitnehmer, auch in Zukunft sorgfältig mit seinen
Datenspuren im Internet umzugehen. Zu mehr Sensibilität gegenüber der
Privatsphäre der Beschäftigten dürfte das neue Gesetz aber in jedem
Fall führen.
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