Berlins zukünftiger Polizeipräsident ist ein
Phantom. Es heißt Udo Hansen und soll das Amt von Dieter Glietsch
übernehmen, der im Mai in den Ruhestand gegangen ist. So hat es der
Senat hat am Dienstag entschieden. Es habe eine Abstimmung gegeben,
das Votum sei für Hansen ausgefallen, hieß es. Er sei der
qualifizierteste Berwerber für das Amt gewesen. Worin diese
Qualifikationen bestehen, was Hansen besser macht als seine
Konkurrenten, das wurde verschwiegen. Was bleibt, ist Spekulation,
sind Fragen. Auch jetzt noch, nachdem der Senat endlich offiziell den
Namen des Glietsch-Nachfolgers genannt hat, der bereits seit Wochen
unter der Hand bekannt war. Warum hat sich Innensenator Ehrhart
Körting (SPD) auf diesen Kandidaten versteift? Warum macht er einen
Mann zum Chef der Riesenbehörde Berliner Polizei, der zuvor den
Polizeidienst quittiert hat? Warum entscheidet er sich für einen
Kandidaten, der als Hardliner gilt, seit er als Chef der
Bundespolizei eine Flüchtlingsunterkunft mit Stacheldraht umzäunen
ließ? Dass diese Vergangenheit in Berlin – und gerade auch beim
linken Koalitionspartner – auf wenig Gegenliebe stoßen würde, dürfte
Körting klar gewesen sein. Der Innensenator habe die Bedenken zur
Personalie Hansen zur Kenntnis genommen, heißt es schmallippig bei
der Linkspartei. Geändert habe dies an seiner Entscheidung jedoch
nichts. Körting hat es versäumt, für seine Entscheidung zu werben,
sie nachvollziehbar zu machen. So ist es eine einsame Entscheidung
geworden. Auch die Klage des abgelehnten Bewerbers Klaus Keese ist
offenbar weniger ein Zeichen für dessen mangelnden Sportsgeist als
Verlierer. Keese will laut seinem Anwalt vor allem die Entscheidungen
im Bewerbungsverfahren nachvollziehen können. Und da ist er nicht der
Einzige. Udo Hansen also. Über seine Vergangenheit ist einiges
bekannt – über seine Gegenwart weiß man wenig. Berlins künftiger
Polizeichef ist 58 Jahre alt, er war mal bei der Eliteeinheit
GSG9, er war mal Chef der Bundespolizei-Ost, er war mal als
Berater für den europäischen Rüstungskonzern EADS in Saudi-Arabien.
Und ihm hängen Gerüchte nach: Darüber, warum er aus dem Polizeidienst
ausgeschieden sei. Warum er seinen Job in Saudi-Arabien aufgegeben
habe. Offiziell weiß man darüber nichts. Die Gerüchte wurden nie
dementiert, sie liegen wie ein Schatten über Hansen. Dieses Getuschel
wird weitergehen, denn Transparenz zur Personalie Hansen gibt es
nicht. Körting verhagelt sich mit dem vermurksten Verfahren um die
Glietsch-Nachfolge seine respektable Bilanz als Innensenator. Denn
gerade in diesem Jahr konnte er positive Schlagzeilen machen: Die
Kriminalitätsrate war gesunken, und beim 1.Mai war seine
Strategie der Deeskalation wieder aufgegangen. Das Ringen um die
Neubesetzung des Polizeipräsidentenamtes gibt dem Legislaturende nun
einen bitteren Ausklang. Noch dazu ist das Amt durch die Rangeleien
und die Spekulationen nun mit einer Hypothek beladen. Das Phantom
Hansen wird keinen leichten Start haben. Es ist Berlin zu wünschen,
dass er trotz allem eine faire Chance bekommt.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de