BERLINER MORGENPOST: Mehr Fürsorge für Patienten / Kommentar von Jens Anker zum Rücktritt von Ministerin Golze

Kurzform: Der aktuelle Medikamentenskandal, der nun
der Gesundheitsministerin das Amt kostete, strahlt auch über das Land
Brandenburg hinaus. Der Medikamentenhandel ist ein internationales
Milliardengeschäft. Riesige Pharmakonzerne sind am Markt tätig,
europaweit organisierte Kriminelle schöpfen mit gefälschten Arzneien
Riesengewinne ab – und in den Bundesländern sollen jeweils kleine
Aufsichtsabteilungen dieses Geschäft kontrollieren. Das ist nicht zu
schaffen. Alle Patienten haben mehr Fürsorge verdient.

Der vollständige Kommentar: Der Rücktritt der Brandenburger
Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) war unausweichlich. Die
Mängel in der eigenen Behörde waren zu gravierend, die Aufarbeitung
zu chaotisch, als dass die Verantwortung dafür auf untere Ebenen
abgeschoben werden könnte. Viel zu lange zeigte sich Golze zudem
uneinsichtig. Erst eine Woche nach Bekanntwerden des Skandals um
illegale und womöglich unwirksame Krebsmedikamente rang sie sich zu
einer Entschuldigung für jene Patienten durch, die möglicherweise zu
Schaden gekommen sind. Bis heute ist nicht klar, wie viele Patienten
genau die gestohlenen Medikamente verabreicht bekommen haben,
geschweige denn, ob ein Behandlungserfolg dadurch verhindert wurde.
Das ist fatal. Der zweite Ministerrücktritt innerhalb einer Woche und
der vierte in der Legislaturperiode bringt aber auch
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) in Bedrängnis. Ein Jahr vor
der Landtagswahl muss er nun zeigen, dass er sein Kabinett noch im
Griff hat. Die rot-rote Koalition befindet sich seit Monaten im
Stimmungstief. Nach der Absage der Gebietsreform 2017 gilt auch
Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) als angeschlagen. Zudem steht
Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger (SPD) wegen seiner
Amtsführung in der Kritik. Bislang hat es Woidke nicht geschafft,
sich aus der Situation zu befreien. Der Landesregierung fehlt ein
Erfolgsprojekt. Aber der aktuelle Medikamentenskandal, der nun der
Gesundheitsministerin das Amt kostete, strahlt auch über das Land
Brandenburg hinaus. Der Medikamentenhandel ist ein internationales
Milliardengeschäft. Riesige Pharmakonzerne sind am Markt tätig,
europaweit organisierte Kriminelle schöpfen mit gefälschten Arzneien
Riesengewinne ab – und in den Bundesländern sollen jeweils kleine
Aufsichtsabteilungen dieses Geschäft kontrollieren. Das ist nicht zu
schaffen. Alle Patienten haben mehr Fürsorge verdient.

Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/887277 – 878
bmcvd@morgenpost.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell