Den Ruf, bei gesellschaftlichen Fragen immer ein
Stück weiter zu sein als Deutschland, hat Schweden ja nicht ganz
umsonst. Der neueste Beweis dafür: Der Sechs-Stunden-Tag, mit dem
dort immer mehr Firmen und öffentliche Einrichtungen experimentieren
– mit Erfolg, wie sich zeigt.
Währenddessen erklären in Deutschland Arbeitgeber, dass eine
zeitweise Arbeitszeitreduzierung – wie sie die IG Metall gerade in
Tarifverhandlungen fordert – völlig indiskutabel sei und niemals
leistbar. Dabei ist die Frage nicht, ob wir weniger arbeiten, sondern
wann.
Der Branchenverband Bitkom prognostiziert, dass in den nächsten 20
Jahren die Hälfte aller derzeit existierenden Berufsbilder wegfallen
werden, weil die Digitalisierung sie überflüssig macht. 3,4 Millionen
Stellen werden laut Bitkom schon in den nächsten fünf Jahren
wegfallen. Zugespitzt heißt das: Computer nehmen uns die Arbeit weg.
Und das ist eine gute Nachricht. Denn wer weniger arbeitet, hat mehr
Zeit für anderes, Familie zum Beispiel.
Weniger Arbeit für alle bedeutet allerdings nicht nur mehr
Freizeit, sondern auch weniger Jobs. Nicht alle, deren Stelle
„wegdigitalisiert“ wird, werden eine der Positionen bekommen, die auf
anderen Feldern entstehen. Vollbeschäftigung und Lohnarbeit für alle
sind künftig keine Option mehr.
Wenn wir nicht wollen, dass ganze Gesellschaftsschichten in
prekäre Verhältnisse abrutschen, müssen wir uns deshalb jetzt
Gedanken darüber machen, wie wir in Zukunft leben wollen. Ideen, wie
der Wandel gestaltet werden könnte, gibt es einige, von eher
vorsichtigen Reformplänen bis zu radikalen Ansätzen.
Doch um sie umzusetzen, brauchen wir Menschen an der Spitze des
Landes, die sich Gedanken machen über mehr als nur die nächsten vier
Jahre. Ob das aktuelle politische Spitzenpersonal dazu in der Lage
ist, darf bezweifelt werden.
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